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Im Jahr 1801 liegt eine Flotte von britischen Kriegsschiffen vor Dänemark. Mit an Bord der "HMS Elephant" ist der knapp vierzehnjährige Sam Witchall, der der Schlacht mit Schrecken und Spannung zugleich entgegenblickt.
Trotz seines jungen Alters ist er schon länger im Dienst der Marine, für die er, wie viele andere Männer und Jungen auch, zwangsverpflichtet wurde. Der berühmte Admiral Horatio Nelson ist ebenfalls auf der "Elephant" und befehligt von dort aus die Schlacht, und Sam fragt sich, ob das trotz aller Ehre eine gute Sache ist - denn so fährt das Schiff mitten ins schlimmste Schlachtgetümmel hinein. Zunächst scheint alles gut zu gehen, doch mitten in der Schlacht werden Sam und sein Freund Richard von zwei intriganten Seemännern hereingelegt, da er kurz zuvor ein geheimes Gespräch belauscht hat.
Gemeinsam mit Richard wird Sam der Feigheit - einem Verbrechen in Zeiten des Krieges - bezichtigt und zum Tod durch den Strang verurteilt. In allerletzter Sekunde wendet sich das Blatt und statt gehängt zu werden, werden Sam und Richard auf einem Sträflingsschiff für immer in die Verbannung geschickt. Voller Angst blicken sie ihrer Zukunft im tausende Meilen entfernten New South Wales entgegen. Eine Reise voller Gefahren und ein Leben voller Abenteuer scheinen vor ihnen zu liegen
Die Seeschlacht von Kopenhagen hat wirklich 1801 stattgefunden, der einarmige Admiral Nelson war auf der "Elephant", und auch viele andere historische Details aus dem Roman sind belegt und wurden sehr gut recherchiert. "New South Wales", auch "Botany Bay" oder "New Holland" genannt, ist natürlich Australien. Großbritannien hatte dort im 18. Jahrhundert Sträflingskolonien eingerichtet; aus der ersten Ansiedlung der Strafgefangenen wurde die Stadt Sydney.
"Das Sträflingsschiff" ist der Nachfolgeroman zu "Powder Monkey", in dem Autor Paul Dowswell bereits von Sams Leben als Pulverjunge bei der Royal Navy berichtete. Der Autor lässt Sam erneut aus der Ich-Perspektive von seinem Leben und seinen Abenteuern erzählen. Am Anfang liest sich das wie eine großartige, im besten Sinne altmodische Abenteuergeschichte, so dass man sich ein wenig an Klassiker wie "Die Schatzinsel" erinnert fühlt. Das Buch entwickelt nach einem sehr viel versprechenden Einstieg aber ein Problem, das den Lesespaß nachhaltig trübt: Es wird langweilig. Das liegt vor allem daran, dass der Autor praktisch alle Chancen und Ideen auf spannende Begebenheiten schnellstmöglich verschenkt.
Der Anfang - die Seeschlacht, die geplante Hinrichtung der beiden Jungen - ist gut geschrieben und sehr spannend. Dann aber geht es irgendwie bergab. Alles löst sich mehr oder weniger schnell (fast) in Wohlgefallen auf. Das Gefängnisschiff, auf dem Sam und Richard bis zur Schiffsreise in die Strafkolonie untergebracht werden, ist zwar schrecklich, aber sie haben Beschützer, die sich um sie kümmern. Es gibt keine Konfrontation und keine schlimmen Ereignisse. Die Reise auf dem Titel gebenden Sträflingsschiff entpuppt sich dank eines recht netten Kapitäns als gar nicht so schlimm - da hatte man als Leser, nachdem der Titel nun mal etwas anderes verheißt, schon mehr erwartet. Die Ankunft in Australien ist zwar befremdlich, aber dann ist das Leben dort gar nicht so schlimm.
Auf die Art - Abenteuer ja, aber bitte nicht zu viel - geht es immer weiter: Mal verliert Sam beim Marsch durch den Busch seine Gruppe und gerät in Panik, nur um sie dann zwei Seiten später wohlbehalten wieder zu finden. Am Ende gibt es zwar noch eine Art Showdown, Kämpfe, Giftschlangen und sogar Kannibalen, aber so richtig kann das den Leser dann auch nicht mehr trösten. Nicht einmal eine richtig befriedigende Rache an den beiden fiesen Intriganten vom Anfang, die Sam und Richard in ihre missliche Lage gebracht haben, ist den Jungen am Ende vergönnt. Natürlich ist diese Art zu erzählen wohl näher an der Realität als eine Flut von nicht enden wollenden spektakulären Abenteuern, aber es wirkt trotzdem zäh.
Fazit: Zwar gut geschrieben und recherchiert, eine im besten Sinne altmodisch konzipierte Seefahrer- und Abenteuer-Geschichte - aber leider durch zu viele verpasste Chancen auf Dauer langweilig und zäh. Für glühende Fans von Seefahrer-Romanen und Leser, die der historische Hintergrund interessiert, aber doch lesenswert. Sehr schön gelungen ist übrigens die Aufmachung des Buchs mit sehr ansprechendem, plastisch geprägtem Cover.