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Leonardo da Vinci ist der Schöpfer des bekanntesten Gemäldes der Welt, und es ranken sich viele Legenden mit mehr oder weniger wahrem Kern um ihn. Seine Persönlichkeit selbst bleibt uns jedoch merkwürdig fremd, denn Leonardo hinterließ wenig von dem, was einer Rekonstruktion seines Äußeren und auch seines Erlebens förderlich sein könnte.
Daniel Kupper spürt in seiner Biographie des Künstlers dem authentischen Leonardo nach, wobei er sich auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse stützt, die so manche seit Jahrhunderten verbreitete "Tatsache" ins Reich der erwähnten Legenden verweisen.
Die zentralen Ereignisse in Leonardos Leben, die natürlich in Kuppers Biografie geschildert werden, sind allerdings gut belegt. Seine Geburt 1452 als unehelicher Sohn eines Notars und einer Bauerntochter, seine Ausbildung in Verocchios Werkstatt, erste eigene Werke, die Übersiedlung von Florenz nach Mailand 1452 und seine Dienste für Ludovico Sforza sind historische Fakten. Nach der Entmachtung der Sforza durch die Franzosen wendet sich Leonardo den Siegern zu und arbeitet nach mehreren Zwischenstationen für Cesare Borgia. Schwierigkeiten beim Erbschaftsstreit mit seinen ehelich geborenen Halbbrüdern und wegen der Auftragslage bezüglich eines Monumentalgemäldes hilft der französische König zu schlichten; später arbeitet der Künstler für einen Angehörigen des Hauses der Medici. Seine letzten Jahre verbringt er als Hofmaler des französischen Königs in der Nähe von Amboise, wo er 1519 stirbt.
Der Anhang des Buchs bietet unter anderem eine Zeittafel, "Zeugnisse", sprich Sekundärquellen, und eine reiche Bibliografie.
Das Rückgrat der vorliegenden Biografie bilden diese nachprüfbaren Eckdaten, mehr jedoch liegt dem Autor Leonardos Kunst am Herzen. Der Leser erhält einen realistischen Eindruck von Leonardos scheinbar futuristischen Ideen, die, neueren Erkenntnissen zufolge, so innovativ gar nicht waren, und seiner Tendenz, sich immer wieder neuen Projekten zuzuwenden und ältere nicht abzuschließen; das Unvollendete bildet beinahe einen roten Faden durch Leonardos Schaffen.
Wenn der Autor auch etwas an Leonardos Genialität kratzt, so möchte er dessen Verdienste keineswegs schmälern. Er beschreibt den Umsturz, den Leonardo durch die Wiedergabe von Eindrücken und Bewegungen und die Einbeziehung von Landschaften bewirkte, und natürlich widmet er sich auch dem rätselhaften Lächeln - oder Grinsen - einiger wichtiger von Leonardo dargestellten Personen, allen voran, wie zu erwarten, Mona Lisa. Kupper geht jedoch vom Frühwerk an intensiv praktisch auf jedes einzelne verbürgte Kunstwerk ein, das Leonardo allein oder als Mitarbeiter schuf. Er zeigt auf, wie sich gnostische, den Auftraggebern zwangsläufig als häretisch erscheinende Interpretationen biblischer Themen in Leonardos Opus zeigen, und wie sich dessen Homosexualität recht eindeutig äußert, unter anderem im Blatt über die Zeugung.
Ausgezeichnet werden zudem Leonardos Beziehungen zu seinen Auftraggebern und Mäzenen charakterisiert, seine tendenzielle Misanthropie und das gespannte Verhältnis zu Kollegen, insbesondere Michelangelo.
Zahlreiche Farbabbildungen ergänzen und illustrieren die Ausführungen.
Wer angesichts der geringen Seitenzahl und des Taschenbuchformats eine eher flüchtige Darstellung von Leonardos Leben erwartet, dürfte sich wundern, und zwar nicht nur wegen der aufgrund der geringen Schriftgröße doch beachtlichen Menge an Text. Kurzweilig und abwechslungsreich, dabei jedoch sehr informativ, schildert der Autor Leonardos Leben und Wirken und widmet sich insbesondere den einzelnen wichtigsten Werken des großen Renaissance-Künstlers. Kritisch beleuchtet er die herkömmliche Rezeption von Leonardos Person und Werk, ohne zu versuchen, Leonardos kunsthistorische Bedeutung zu demontieren.