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Auch wenn die Kolonien Deutschlands im Vergleich zu denen anderer europäischer Großmächte wie England und Frankreich eher unbedeutend waren, haben sie doch Einfluss auf unsere Kultur gehabt und die Schicksale vieler Menschen geprägt. Zum Glück für die Geschichtswissenschaft fiel in die Kolonialzeit auch der erste Höhepunkt der Fotografie. So sind uns heute noch zahllose fotographische Zeugnisse dieser Epoche überliefert. Gerade in den Museen finden sich viele solcher Bildsammlungen.
Das Braunschweigische Landesmuseum zeigt vom 9. Oktober 2007 bis zum 6. Januar 2008 eine Ausstellung eines Teils seines fotografischen Bestandes. Es handelt sich dabei um den Nachlass des Schutztruppenangehörigen Hermann Schlüter, der in den Jahren 1896 bis 1901 in Deutsch-Südwestafrika - dem heutigen Namibia - diente. Schlüter war Hobbyfotograf und fertigte in seiner Zeit in Afrika rund 180 Fotografien an, mit denen er nach seiner Rückkehr nach Deutschland Lichtbildvorträge hielt. Begleitend zur Ausstellung ist nun ein Buch mit einer großen Zahl dieser Bilder erschienen.
"Weiß und Schwarz - Black and White", der Titel des Bandes, bezieht sich nicht primär auf die schwarz-weißen Fotografien, sondern vielmehr auf die Weltsicht des Fotografen und seiner Zeitgenossen. Die Bilder spiegeln sehr deutlich das Verhältnis zwischen den Kolonialherren und den afrikanischen Eingeborenen wider und stellen die Situation der Beherrschten dar. Die Bilder sind in ihrer Wirkung durchaus beeindruckend. Bedenkt man, dass nur wenige Jahre nach Aufnahme der Motive ein Aufstand der "Kolonialisierten" fast zu deren Auslöschung geführt hat, bekommt man eine Ahnung von den verschiedenen Aspekten, die in jedem dieser Bilder enthalten sind. Abseits der aus dem Schulunterricht üblicherweise behandelten historischen Inhalte bekommt man hier ein lebendiges Bild aus der Zeit des Kolonialismus.
Der 57 Seiten umfassende einführende Katalogtext wurde von dem Autor Wulf Otte verfasst. Leider kann der von ihm intendierte Diskurs nicht komplett überzeugen. Anstelle einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Thema Kolonialismus bleibt er oftmals sehr vage und beschränkt sich auf eine Reproduktion allgemeiner kolonialer Fakten. Hier wäre etwas mehr Tiefe wünschenswert gewesen. Wie in Ausstellungskatalogen üblich, liegt der Text pro Seite zweispaltig in deutscher und englischer Fassung vor.
Der Band selbst ist im Format 17x24,5 cm gehalten, also breiter als hoch. Dadurch unterstützt es die Wirkung der darin abgedruckten Photografien sehr gut, da diese im ähnlichen Format 13x18 cm angefertigt wurden. Als besonderes Bonbon liegt dem Band eine historische Karte Deutsch-Südwestafrikas aus dem Jahr 1905 bei.
Mit "Weiß und Schwarz - Black and White" ist ein eindrucksvoller Bildband entstanden, der das Leben in der deutschen Kolonie Deutsch-Südwestafrika um die Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jahrhundert optisch beschreibt. Die enthaltenen Fotografien sind gut für den Druck aufbereitet worden, haben aber dennoch ihr Flair des Historischen behalten. Der Band selbst lässt sich auf vielfache Art einsetzen. Er ist einerseits Nachschlagewerk für Freunde historischer Bilder, regt aber andererseits auch zur intensiven Auseinandersetzung über das Thema "Kolonialzeit" an. Wer die dazugehörige Ausstellung in Braunschweig verpasst hat und sich für die Thematik interessiert, sollte durchaus über den möglichen Erwerb des Bandes ein paar Gedanken verlieren.