In unserer modernen Leistungsgesellschaft träumen wir von vielen Dingen: Macht, Reichtum, Erfolg, Anerkennung, Glück oder einfach nur einer guten Beziehung. Wie schön, dass es einen illustren Kreis von selbsternannten Experten gibt, die uns dabei helfen können, genau das zu erreichen. Wie schade, dass sie uns dabei nur Schwachsinn erzählen und das Geld aus der Tasche ziehen. Erfolgsgurus und Motivationspäbste stehen aktuell jedoch hoch im Kurs, denn jeder möchte gerne ein Scheibchen vom Ruhm, Erfolg und Reichtum abhaben, der von jenen Predigern des Glücks über Ratgeberbücher, Audiokassetten oder Motivationsseminare angepriesen wird. Da wird es Zeit, dass sich jemand dieses Phänomen mal ernsthaft vorknöpft. Der Organisationspsychologe Uwe Kanning hat sich dieser Aufgabe angenommen, und wie der Titel seines Buchs bereits verrät, fällt sein Urteil vernichtend aus.

Wer schon einmal eine Vorlesung Kannings besucht hat, weiß, dass er an das Thema nicht gerade unvorbelastet herantritt, mag er doch von zahlreichen Beispielen berichten, in denen sich seriöse Firmen an vermeintliche Experten wenden, die zwar alles Mögliche versprechen, jedoch völlig unwissenschaftlich vorgehen und teilweise haarsträubende Methoden anwenden. Deswegen ist "Wie Sie garantiert nicht erfolgreich werden!" weniger als wissenschaftliches Sachbuch zu verstehen, denn als persönliche Abrechnung mit einem gesellschaftlichen Trend, der wider allen Sinn und Verstand läuft.

Dabei geht Kanning durchaus wohlgegliedert vor. Zunächst stellt er seine wichtigsten Kontrahenten vor, gegen die er im Laufe des Buchs antreten wird: Größen der deutschen Szene wie Jürgen Höller, Emile Ratelband oder Bodo Schäfer, aber auch der unsagbar erfolgreiche und populäre Anthony Robbins aus den USA werden als Kanon der Erfolgsliteratur vorgestellt, mit dem sich Kanning im weiteren Verlauf des Buchs beschäftigt. Aber lassen wir neutrale Begriffe wie "beschäftigen" mal außen vor, denn dieses Sachbuch ist vor allem eins: Eine reine Dekonstruktion der Erfolgsgurus, ihrer Thesen, ihrer Methoden, ihrer Argumente. Denn da versprechen die Meister ihren Jüngern den Himmel herab; da kann man absolut alles erreichen, wenn man nur ganz fest an sich glaubt; da ist jeder unsozial, der nicht erfolgreich ist; da steckt in jedem ein Adler, der nur darauf wartet, auf den Schwingen des Erfolgs davonzufliegen. Kanning listet all diese Strategien und Überzeugungstechniken in den folgenden Kapiteln der Reihe nach auf und fasst sie zusammen, um sie dann genüsslich mit Argumenten von knallharter Logik regelrecht zu vernichten. So hat die durch die Erfolgsgurus propagierte Programmierung des Unterbewusstseins durch Autosuggestion rein gar nichts mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu tun; so sagt die Setzung absurd hoher Ziele für das eigene Leben rein gar nichts über ihre Erreichung aus; so ist absolut nicht jeder Mensch dazu in der Lage, alles zu schaffen, was er sich vornimmt. Die Widersprüche der Autoren in ihren eigenen Büchern sind absolut haarsträubend, die angewandten Methoden, wie etwa das angeblich kraftübertragende Berühren eines Tigers, hinreißend dämlich, die soziale Argumentation manchmal sogar erschreckend rassistisch, denn bei den Erfolgsgurus und selbst ernannten Menschenfreunden ist niemand etwas wert, der keinen Erfolg hat.

Die unglaublichen Behauptungen und Methoden jener Autoren alleine würden bereits ein recht unterhaltsames Buch ergeben, richtig Spaß macht die Sache aber in der Art, wie Kanning darauf eingeht. Mal mit feiner Ironie, mal mit beißendem Sarkasmus, mal zynisch und gelegentlich sogar fast zornig lästert er über die Strategien der Motivationsgurus, legt den absurden Kern ihrer inneren Logik frei und bringt einleuchtende Gegenbeispiele. Das ist so herrlich schnippisch und humorvoll geschrieben, dass man häufiger nicht anders kann, als über den Stil des Buchs laut aufzulachen, denn diese Demontage lässt wirklich gar kein gutes Haar an Robbins, Höller und Co. Und gleichzeitig zeigen sich in diesem Buch auch größere besorgniserregende Tendenzen in unserer Gesellschaft. Mit der Dummheit der Menschen mag man schon immer Geld gemacht haben, aber der Erfolg der Erfolgsprediger liegt ja gerade auch darin, dass sie alles Geld der Welt für nur geringen Aufwand versprechen - und auf diese Methoden fallen dann selbst klügere Menschen herein. Wir möchten heutzutage alle immer mehr haben, dafür aber immer weniger tun - der Erfolg soll einem gefälligst ins Haus fliegen, sich dafür ernsthaft anstrengen möchte keiner mehr. Man muss sich seine Welt ja eigentlich nur so zurechtwünschen, wie man sie haben möchte - die Voraussetzungen, so die Erfolgsgurus, sind uns doch allen bereits gegeben. So wird die Welt mal wieder zur großen Wunscherfüllungsmaschine ummodelliert, bis zur reinen Esoterik ist es dann nicht mehr weit. Das Auftreten der Erfolgsgurus gleicht dem einer Sekte, die ihre Anhänger verführt und ausnimmt. Damit ist es ein Trend, der die Dummheit, Leichtgläubigkeit und Faulheit unserer Zeit eindrücklich veranschaulicht. Da ist dieses Buch ein regelrecht befreiendes Plädoyer für Logik und Vernunft.

Doch so unterhaltsam es sich auch lesen lassen mag, im Laufe der knapp 300 Seiten werden einige Argumente der Erfolgsgurus sehr häufig wiederholt und mit den immer gleichen Strategien abgeschmettert. Zwar findet Kanning immer mal wieder noch ein neues haarsträubendes Beispiel ihrer dubiosen Methoden und Aussagen und kann bis zum Schluss gute Pointen setzen, aber dennoch gibt es ein bisschen zu viel Wiederholung. Und obwohl "Wie Sie garantiert nicht erfolgreich werden!" strenggenommen kein wissenschaftliches Buch ist, hätte man sich gegen Ende eigentlich doch noch eine kleine empirische Studie gewünscht, deren Ergebnis den Motivationspäbsten dieser Welt endgültig argumentativ das Genick bricht. Ihrem anhaltenden Erfolg wird dieses Buch wahrscheinlich dennoch nicht weiter schaden. Trotzdem - das hat echt mal gut getan!