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Aksel Vinding ist fünfzehn Jahre alt, als seine Mutter beim Baden ertrinkt. Die enge Beziehung zur Mutter, die sich in einem Nichts auflöst, kann weder von der Schwester noch vom Vater aufgefangen werden. Die Familie fällt immer tiefer in die Gesprächslosigkeit. Jeder verbirgt sein eigenes Geheimnis.
Eines der wichtigsten Vermächtnisse der Mutter ist für Aksel die Liebe zur Musik. Er bricht die Schule ab, um sich ganz auf die Musik zu konzentrieren, eine erfolgreiche Pianistenkarriere immer im Blick. Kontakt zu Gleichaltrigen bietet nur die Gruppe "Junge Pianisten", in der neben der Musik auch die zu entdeckende Sexualität eine Rolle spielt. Margrethe Irene zieht ihn in ihr Bett, was ihn mit Ekel und Scham erfüllt, wogegen er sich aber nicht wehren kann. Verliebt jedoch ist Aksel in Anja Skoog, eine sehr talentierte junge Pianistin, die ein dunkles Geheimnis umgibt und die sich ihm immer aufs Neue entzieht. Auch seine Schwester Cathrine erliegt der Aura der schönen und geheimnisvollen Pianistin ...
Nordisch melancholisch und schwermütig wirkt das Buch des norwegischen Pianisten Ketil Bjørnstad. Gleichzeitig schwingen die Lebensneugier und der Lebensdurst der Jugend darin. Es wird von großen Karrieren geträumt, Entbehrungen werden auf sich genommen, immer wieder wird gezweifelt und weitreichende Entscheidungen werden getroffen. Und über allem steht die Musik, denn sie ist es, die die Menschen um Aksel antreibt. Die jungen Pianisten ebenso wie seine Klavierlehrer. Nur seine Familie spielt eine eher untergeordnete Rolle, kann keine Kraft geben und keine Stütze sein. Sein Traum vom großen Pianisten träumt und geht Aksel allein. Nur selten dringen der Vater oder Cathrine in diese Welt.
Bjørnstad erzählt von Aksel Vindings Weg: raus aus der Familie und hinein in die musikalische Szene der Klassischen Musik von Oslo. Da Musik einen zentralen Platz im Roman einnimmt, wird sie natürlich häufig beschrieben. An Klassischer Musik Interessierte, die die beschriebenen Stücke kennen, werden sicher ihre Freude daran haben. Unmusikalische Leser, die sich in der Klassischen Musik nicht auskennen, werden aber nicht gelangweilt, sondern Bjørnstad versucht, ihnen einen Teil der Geheimnisse der musikalischen Stücke zu enthüllen. Die Tonart des Romans ist Moll, darin eingewebt sind Aksels Obsession gegenüber der Musik und Anja Skoog, seine Zweifel und sein Grübeln, sein Erwachsenwerden, seine Ambitionen. Auch die bereits angesprochene Erotik klingt immer wieder an: natürlich bei den Gedanken an Anja Skoog und im Zusammensein mit Margrethe Irene, aber auch beim Treffen mit Anjas Mutter Marianne oder beim Unterricht mit Selma Lynge.
Das von Bjørnstad verwendete Präsens, die kurzen Sätze, die einfache und klare Sprache schaffen eine ganz besondere Atmosphäre, die zum Teil schwermütig wirkt, zumindest aber melancholisch. "Vindings Spiel" erzählt über das Erwachsenwerden, über Einsamkeit, Trauer und Tod und über Musik. Die Charaktere sind immer glaubwürdig und zum Greifen nahe. Der Leser schwingt an jeder Textstelle mit und ist gefesselt sowohl von der Geschichte als auch der Schreibweise des Autors.
Bjørnstads Roman bietet eine großartige Verbindung von Musik und Literatur. Deshalb ist das Buch ganz besonders Musikliebhabern zu empfehlen. Aber auch alle anderen werden von der Geschichte in ihren Bann gezogen werden.