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Pen-&-Paper-Rollenspiele haben es zur Zeit schwer. Die übermächtige Konkurrenz der Onlinerollenspiele frisst ihnen den Nachwuchs weg. Welcher Zwölf- bis Vierzehnjährige ist heute noch dazu bereit, sich durch ein dreihundertseitiges Grundregelwerk zu kämpfen, wenn er in fünf Minuten seinen Traumheld bei "World of Warcraft" zusammenklicken kann?
Dennoch kämpfen die Rollenspielverlage um Neuzugang. Sie tun gut daran. Denn eines muß sich das Hobby Rollenspiel vorwerfen lassen: es ist alles andere als leicht zugänglich, für Anfänger oft überkomplex. Abhilfe schaffen diverse Einsteigerregelwerke; manche Verlage verteilen sie sogar gratis, etwa Pegasus Press, die ihr "Cthulhu"-Rollenspiel mit einem gelungenen Miniheft bewerben. Der Verlag Midgard Press geht einen anderen Weg: er stellte jüngst seine neue Reihe "Runenklingen" vor, deren Ziel es ist, absolute Anfänger an das Hobby heranzuführen. Die erschwinglichen Bücher (12,95 für ein festgebundenes, knapp 180 Seiten dickes DIN-A5-Buch) sollen jedem Leser das Rollenspiel "Midgard" von der Pike auf beibringen.
Dabei hat sich Dirk Richter, der Autor des ersten Bandes "Klingensucher", ein überzeugendes Konzept ausgedacht. "Klingensucher" ist ei Ready-to-Go-Abenteuer: Aufschlagen, Würfel zur Hand nehmen, losspielen. Die Regeln werden
en passant erklärt, Vorwissen braucht man nicht. Als kleiner Einstieg dient ein mehrseitiges Comic, das die Geschichte vorbereitet: die Legende der fünf Klingen wird erzählt, die von den "Altvorderen" aus kaltem Erz geschaffen wurden. Dann finden sich die von den Spielern verkörperten Helden stilecht in einem Wirtshaus wieder, können dort an den Kneipenspielen teilnehmen - und bekommen prompt ihren ersten Auftrag: sie sollen die verschollenen Elementarklingen finden. Der Weg führt in die gefährlichen Nebelberge und eine alte Zwergenbinge. Bald lauert auch schon das erste Gefecht auf die Heldengruppe ... und bei dieser Gelegenheit wird das Kampfsystem erläutert.
Was bei "Klingensucher" auffällt, ist der große Detailreichtum, mit dem Dirk Richter die Schauplätze und Personen ausgestattet hat. Für den Spielleiter bleiben keine Fragen offen, er wird immer wieder durch eingestreute Informationen auf den richtigen Pfad gesetzt. So ist das Leiten dieses Abenteuers kinderleicht, und die vielen alternativen Handlungsoptionen ermöglichen eine große Bandbreite an Spielsituationen. Aber auch die Spieler werden nicht allein gelassen: ein zehnseitiger Leitfaden hilft ihnen sicher durch alle Schwierigkeiten. Helden zum Losspielen findet man im Anhang, und ein kleiner Index erleichtert dem Spielleiter die Navigation durch das Buch. Auf der Seite
www.midgard-online.de lassen sich zudem weitere Spielmaterialen für die "Runenklinge"-Reihe - darunter auch PDF-Files mit dem Spielerleitfaden und den Charakterbögen. Sehr guter Service!
Freilich, das Abenteuer mit seiner doch sehr klassischen Story wird alten Hasen nur ein müdes Lächeln entlocken. Doch die Szenen sind schön geschildert und sauber ausgearbeitet; gerade jüngere Spieler werden eine helle Freude an "Klingensucher" haben. Negativ zu nennen ist die schlechte Kopierbarkeit der Seiten (etwa das Leitfadens und der Heldenblätter) und die doch sehr schlichte Optik des Buchs. Die Bindung allerdings überzeugt und garantiert eine lange Lebensdauer dieses Buchs.
Es ist dem Verlag zu wünschen, mit seiner "Runenklinge"-Reihe tatsächlich viele junge Spieler ansprechen zu können. Das nötige Handwerkszeug liegt auf jeden Fall mit diesem ersten, sehr gelungenen Band vor.