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Mehr als ein Jahrzehnt ist seit der Veröffentlichung von Philip Pullmans Roman "Der Goldene Kompass", der den Auftakt zur Trilogie "His Dark Materials" darstellt, bereits vergangen, doch noch immer hat dessen Bekanntheit und Popularität nicht nachgelassen. Im Gegenteil: Angesichts der Tatsache, dass die Verfilmung des Buches im Dezember 2007 in die Kinos kommt, ist "Der Goldene Kompass" wieder in aller Munde. Einen günstigeren Zeitpunkt hätte sich der Verlag Hörbuch Hamburg also nicht aussuchen können, um Rufus Becks ungekürzte Lesung der fantastischen Geschichte zu veröffentlichen.
Die zwölfjährige Lyra wächst in der friedlichen Welt Oxfords auf. Sie lebt im Jordan College, hat dort viele Freunde, und auch die Professoren und Wissenschaftler behandeln sie immer sehr nett. Das Oxford, in dem Lyra lebt, ist allerdings nicht dasselbe Oxford, das wir aus unserer Welt kennen - nein, Lyra lebt in einer von Millionen Welten, die parallel zu unserem Universum bestehen. In dieser Welt haben alle Menschen sogenannte Dæmonen, die stets in Gestalt eines Tieres erscheinen. Der Dæmon einer Person ist dessen ständiger Begleiter und bester Freund und beide können sich nicht weiter als einige Meter voneinander wegbewegen, da sie auf magische Weise miteinander verbunden sind. Und wenn einer der beiden stirbt, so muss auch der andere sterben. In dieser Welt, die zeitlich in unserem neunzehnten Jahrhundert anzusiedeln ist, lebt Lyra also, doch die Idylle, die in Oxford herrscht, nimmt eines Tages ein abruptes Ende. Denn als Lyras Onkel Lord Asriel zu einem seiner Besuche im College auftaucht, erzählt er von seinen Expeditionen in den kalten Norden, von geheimnisvollem Staub, den plötzlich jeder erforschen möchte, von Panzereisbären und großen Abenteuern. Da Lyra ganz wild darauf ist, einmal aus Oxford herauszukommen, bittet sie ihn, sie auf seine nächste Forschungsreise mitzunehmen. Doch Lord Asriel schlägt ihr diesen Wunsch energisch ab. Ihr Onkel ist bereits wieder abgereist, als Lyra von einer fremden Frau abgeholt wird, die sie - mit Einverständnis Lord Asriels, wie sie behauptet - mit nach London nimmt, wo das Mädchen auf eine baldige Expedition in den Norden vorbereitet werden soll. Vor ihrer Abreise gibt ihr der Rektor von Jordan College ein merkwürdiges Instrument, das er Alethiometer nennt, doch Lyra weiß nicht so recht, was sie damit anfangen soll.
Nachdem sie einige Zeit in der Obhut von Mrs Coulter verbracht hat, findet Lyra erschrocken heraus, dass diese anfangs so nett scheinende Frau die Vorsitzende der Oblations-Behörde ist, welche für das Verschwinden von zahlreichen Kindern aus ärmlichen Verhältnissen verantwortlich sein soll, die dann - so besagen es zumindest die Gerüchte - zu grausigen Forschungszwecken in den Norden transportiert werden. Aus diesem Grund läuft Lyra aus dem Haus von Mrs Coulter weg und findet unerwartet Zuflucht und Hilfe bei den Gyptern, einem Flussvolk, das sehr stark unter der Oblations-Behörde zu leiden hat und auf der Suche nach seinen verschwundenen Kindern ist. So bricht Lyra schon bald zu einer abenteuerlichen Reise auf, um die entführten Kinder - und Lord Asriel, der mittlerweile von skrupellosen Panzerbären gefangen gehalten wird - zu befreien. Und sie ist nicht allein; an ihrer Seite kämpfen Gypter, Hexen, ein Aeronaut und sogar ein Panzerbär, der mächtige Iorek Byrnison ...
Dem britischen Schriftsteller Philip Pullman ist mit dem Roman "Der Goldene Kompass" ein wirklich hervorragendes Buch gelungen, das seinen Leser von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann zu ziehen und an sich zu fesseln vermag. Mit viel Liebe zum Detail und sorgfältig durchdachten Strukturen und Zusammenhängen entwirft der Autor das komplexe Bild einer Parallelwelt, die sich durch zahlreiche fantastische Einfälle, Ideen und Eigenheiten auszeichnet und dabei dennoch einen hohen Wiedererkennungswert besitzt, sodass sich der Leser schnell in Philip Pullmans Beschreibungen verliert. Hinzu kommt die abenteuerliche Erzählung um das Mädchen Lyra, dessen wilden und neugierigen Charakter Pullman mit unauffällig wirkenden Sätzen und Umschreibungen perfekt herauszuarbeiten weiß. Trotz seiner Geradlinigkeit kann "Der Goldene Kompass" immer wieder durch überraschende Wendungen und ungeahnte Offenbarungen verblüffen und vermag dadurch die Spannung bis zuletzt aufrecht zu erhalten.
Eine vollständige Lesung dieser so fantastischen Geschichte mit Rufus Beck als Sprecher war vor einigen Jahren schon einmal angekündigt worden - nun endlich kann der Hörer das Endprodukt in Händen halten. Die Erwartungen liegen hoch: eine grandiose Buchvorlage, eine ungekürzte Lesung mit sämtlichen Details der Geschichte und ein Sprecher, dessen Wunderstimme durch die "Harry Potter"-Hörbücher bekannt geworden ist. Umso größer ist die Enttäuschung zunächst, denn Rufus Becks Interpretation wirkt zu Beginn noch sehr wankelmütig. Er scheint noch nicht recht zu wissen, wie die zahlreichen Figuren und Charaktere klingen sollen, und erreicht dadurch leider nicht das sprecherische Niveau, das er sich selbst mit "Harry Potter" oder "Artemis Fowl" vorgelegt hat. Nachdem der Anfang jedoch überwunden ist, wird Rufus Becks Auftritt immer stärker, gewinnt sein Vortrag an Sicherheit und Überzeugungskraft. Spätestens ab der dritten CD hat er den Hörer vollständig und unlösbar in seinen Bann gezogen und weiß mit einer intensiven und wunderbar abwechslungsreichen Lesung zu gefallen und zu überzeugen.
Die Aufmachung des Hörbuchs ist allerdings weniger hochwertig. Zwar lässt sich die mit einem Motiv aus der Roman-Verfilmung gestaltete Box hübsch anschauen, das Booklet - wenn man überhaupt von einem solchen sprechen kann - sowie die weißen Papierhüllen, in die jede CD verpackt ist, wirken jedoch überaus lieblos und werden ihrem Inhalt in keinster Weise gerecht. Da ist man vom Hörbuch Hamburg Verlag normalerweise Besseres gewohnt.
Fazit:
Rufus Beck braucht zwar leider eine Weile, bis er sich in Philip Pullmans überaus gelungene Erzählung hineingelesen hat, dann jedoch legt der Sprecher eine Interpretation vor, die ihren Hörer über mehr als vierzehn Stunden hinweg zu unterhalten und zu begeistern vermag.