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Nachdem Hannahs Mutter von der Inquisition verbrannt wurde, fliehen das junge Mädchen und sein Vater quer durch Europa, immer von der Angst verfolgt, dass jemand merkt, dass sie Marranen sind - Juden, die zu ihrem Schutz konvertierten. Nach Jahren der Flucht kommen sie in England an, hier hofft der Vater, ein Buchhändler, sich eine neue Existenz aufbauen zu können. Hannah hilft ihm im Laden, so gut sie kann, und wächst eher wie ein Junge auf. Klar, dass sie da mit ihrem Verlobten, den sie heiraten soll, wenn sie sechzehn ist, nicht viel anfangen kann. Doch das geordnete Leben der kleinen Familie gerät schnell aus der Bahn, als Hannah von Sir Robert Dudley und dem Gelehrten John Dee entdeckt wird. Hannah hat das zweite Gesicht und soll als heiliger Narr an den Hof des Königs kommen.
Zunächst ist dies der Hof König Edwards, doch schnell wird Hannah von Robert Dudley, für den sie eine heftige Schwärmerei entwickelt, an den Hof Prinzessin Marys, der nächsten Thronfolgerin, geholt. Diese wiederum bittet sie nach ihrer Krönung, Prinzessin Elisabeth - einst ihre geliebte Halbschwester, nun erbitterte Konkurrentin - auszuspionieren. Hannah wird schnell in einem Netz aus Spionage, Intrigen und der Feindschaft zwischen den beiden Frauen gefangen - aber auch Liebe und Bewunderung sind Fäden des Netzes, das sie gefangen hält.
Hannah muss einen Weg finden, sicher durch diese gefährliche Zeit aus Hochverrat und Bedrohung zu wandern, ohne sich oder ihr Leben zu verlieren.
Die Figur der Hofnärrin Hannah ist äußerst gut und interessant angelegt, wird doch so in den großen Konflikt zwischen zwei starken Frauen ein kleinerer, aber nicht weniger bewegender Konflikt eingebunden. Hannah muss sich entscheiden, wem ihre Treue gehört, denn sie kann nicht ewig jeden Auftrag erfüllen, den man ihr gibt. Doch durch ihre besondere religiöse Lage kommt sie immer mehr in Bedrängnis.
Sie wirkt zwar oft wie ein schwaches Mädchen, das sich nicht entscheiden kann, wem sie denn nun dienen will, sieht sich selbst aber gern anders. Seltsamerweise ist sie beides: Bei ihrem Verlobten plädiert sie für die Unabhängigkeit und Selbstbestimmung der Frauen, für Religionsfreiheit und Toleranz. Bei Hof ist sie aber wie ausgewechselt, ein kleines, schüchternes Ding, das macht, was immer man ihm aufträgt. Diese Wechsel irritieren von Anfang an, wachsen sich dann aber mit Hannahs Treue und Liebe jedem gegenüber zum größten inhaltlichen Mangel aus.
Auch ihre Fähigkeit, hin und wieder in überraschenden Momenten in die Zukunft zu sehen, ist merkwürdig. Sie erhält einen viel zu kleinen Raum, um wirklich wichtig zu werden, erklärt aber ausschließlich, warum Hannah im Hof der Tudors eingeführt wird. Hier wäre ein anderer Grund interessanter gewesen, ein bisschen Zauber und Weissagungen reichen nicht aus, um wirklich spannend zu sein. Auch ihre Angst vor der Inquisition wird schon voll und ganz durch den Tod der Mutter und ihr Leben als heimliche Jüdin erklärt, da müsste nicht noch die Gefahr der Anklage wegen Hexerei hinzukommen
Interessant ist aber der Ansatz, keine absolute Schwarzweiß-Malerei der Königinnen zu betreiben. Oftmals wird Elizabeth als die Gute, das Opfer dargestellt und Maria als brutal und im Unrecht. Dieser Roman spricht beiden positive und negative Seiten zu: Elizabeth wird als Verführerin porträtiert, die um ihre Reize weiß und diese stets einsetzt, um ihre Gefolgsmänner bei der Stange zu halten, Maria hingegen als fromm, sanftmütig und tiefgläubig - diesem Glauben allerdings verdankt sie ihren Spitznamen "Bloody Mary", eiferte sie doch erbarmungslos gegen die Protestanten Englands, während Königin Elizabeth weitgehende Glaubensfreiheit gewährte. Dieses Können, beiden sowohl negative als auch positive Eigenschaften zuzuschreiben, ist faszinierend zu verfolgen.
Im Vergleich zum Vorgängerroman von Philippa Gregory
Die Schwester der Königin bleibt "Die Hofnärrin" allerdings seltsam farblos und wenig beeindruckend. Wer die Bücher der Autorin mag, dem sei verraten, dass das vorliegende Buch zusammen mit "Die Schwester der Königin" und dem voraussichtlich im Mai 2008 erscheinenden "Der Geliebte der Königin" einen losen Komplex bildet. Zuerst ging es um die Rivalität zwischen Anne Boleyn und ihrer Schwester Mary Boleyn, hier dann um eine Hofnärrin, die zwischen die Fronten von Elizabeth und Maria gerät, im nächsten wird dann die Beziehung zwischen Königin Elizabeth und Robert Dudley thematisiert. Dennoch sind die Bücher eigenständige Romane, die jemandem, der sich für das Zeitalter der Tudors und der beiden ersten Königinnen Englands interessiert, gut gefallen dürften.