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Das Sudoku-Fieber hat die westliche Welt immer noch unerbittlich in seinem Griff. Kaum irgendwo findet sich eine Zeitung, die nicht mindestens einmal in der Woche eins der simplen Zahlenpuzzles abdruckt, an denen alle Welt so gerne tüftelt. Das Logikspiel mit seinen verschiedenen Schwierigkeitsgraden und Lösungsstrategien ist aber auch wirklich hochgradig suchterregend. Natürlich schicken sich da auch die Software-Hersteller an, auf dieser Welle mitzuschwimmen. Aus der riesigen Masse rausgepickt wurde hier nun "Sudoku Professional" von digital publishing - ein auf seine Weise besonderer Vertreter der Sudoku-Software.
Damit wir das Positive an diesem Produkt gleich mal aus dem Weg haben, sei zunächst angemerkt, dass der Verpackung ein nettes kleines Büchlein mit 100 vorgedruckten Sudokus und Lösungen beiliegt, was ein schöner Bonus zu einem ansonsten absolut katastrophalen Produkt ist. Es fängt bereits mit der Installation von "Sudoku Professional" an. Legt man die CD das erste Mal ein, installiert sich das Programm einfach fröhlich von selbst, ganz ohne zu fragen. Wobei man bei einer Gruppe im Startmenü und einer einzigen Konfigurationsdatei noch nicht wirklich von einer Installation sprechen kann. Das komplette Programm wird von der CD gestartet, was totaler Schwachsinn ist, sorgt dies doch nur dafür, dass es beispielsweise beim Laden neuer Sudokus unnötige Wartepausen gibt, während die Silberscheibe auf die richtige Geschwindigkeit hochtourt, um laden zu können. Die Verzeichnisse mit den 3.333 verschiedenen Sudokus muss man sich schon selbst auf die Festplatte kopieren, um einen schnellen Zugriff auf die Dateien zu ermöglichen.
Einmal im Programm angekommen, wird man von einer hässlichen Oberfläche begrüßt, die ein großes Sudoku als Spielfläche zeigt sowie einige graue Informationskästchen und eine Anzeige bereits eingesetzter Zahlen. Die kargen Optionen des Spiels verändert man über stinknormale Windows-Menüs. Das Puzzle selbst bedient man über eine Kombination aus Maus und Tastatur, indem man die einzelnen Felder des Rätsels anwählt und die passenden Zahlen eingibt. Fortgeschrittene Sudoku-Spieler wissen natürlich, dass sie sich beim Rätseln zahlreiche Notizen machen müssen, welche Zahlen wo passen könnten. Dafür hat "Sudoku Professional" eine äußerst umständliche Notizfunktion eingebaut. So kann man einzelnen Feldern beliebige Notizen in Textform zuordnen oder von Hand eingeben, welche Zahlen in diesem Feld möglich sind. Es ist vielleicht das beste Beispiel für den mangelnden Komfort des Programms. Anstatt mit maximal zwei Klicks eine Notiz setzen zu können, braucht es hier ewiges Rumgeklicke, bis man die Funktion aufgerufen und die Zahlen eingegeben hat. Zu allem Überfluss muss man sich die zunächst unsichtbaren Notizen auch noch über eine Menüoption anzeigen lassen. Dass man Notizen mit Hotkeys auch schneller setzen kann, erfährt man erst, wenn man sich durch die unerträglich schlichte Hilfedatei des Programms wühlt - ein echtes Handbuch fehlt.
Während man also am Sudoku herumpuzzelt, kann man sich einige Assistenten hinzuschalten, die einem etwa das nächste Feld anzeigen, in das eine Zahl eingesetzt werden kann - inklusive der zugehörigen Regel -, die einem die eingesetzten Zahlen überprüfen oder das Rätsel gleich ganz lösen. Außerdem gibt es ein Skript, über das man in ein leeres Sudoku Zahlen einsetzen und dann überprüfen lassen kann, ob es auch wirklich aufgeht. Wenn man möchte, kann man die Sudokus auch gegen die Zeit lösen. Das Zeitlimit ist dabei für die vier unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade unveränderbar fest angesetzt und für erfahrene Spieler stets viel zu großzügig bemessen.
Das warÂ’s. Mehr bietet "Sudoku Professional" nicht. Und das ist, mit Verlaub, ein Skandal! Man sollte eigentlich glauben, dass Sudoku-Software zu den einfachsten Dingen überhaupt gehört, die man programmieren kann. Jeder mit einem gewissen mathematischen Grundverständnis und ein paar Programmierkenntnissen kann sich selbst ein kleines Sudoku-Programm zurecht basteln oder einen Algorithmus schreiben, der die Rätsel selbstständig löst. Von daher sollte bei dieser Art kommerzieller Software eigentlich alle Konzentration in das Design fließen, in eine klare Bedienung, in Variationen des Grundmusters, in hübsche Ausschmückung und Motivationsanreize für den Spieler. Wer nichts davon macht, der hat ganz schlicht und ergreifend auf ganzer Linie versagt! Wo bleibt also die ansprechende Benutzeroberfläche? Wo bleiben die 6x6- oder die Mega-Sudokus? Wo die Highscorelisten, wo die Tutorials, wo die Sudoku-bezogenen Minispielchen, wo die musikalische Untermalung, wo der schlichte Spaß am Lösen eines Sudokus?
Na gut, könnte man meinen, bei gestrecktem Budget sind solche Features halt einfach nicht drin. Aber warum zum Teufel kostet "Sudoku Professional" dann bitteschön 40 (in Worten: Vierzig) Euro? An dieser Stelle von Abzocke zu reden wäre eine Beleidigung für all die ehrlichen Abzocker dieser Welt. Zum Preis eines modernen Computerspiels mit einem Budget von mehreren Millionen Euro erhält man hier:
- Ein hässliches Programm, das bei zu langer Benutzung zu ernsthaften Augenschäden führen dürfte.
- 3.333 Sudokus, wo vergleichbare Software zum Bruchteil des Preises 100.000 Stück und mehr liefert.
- Ein umständlich zu bedienendes Spiel, das man schneller mit Papier und Stift als mit Maus und Tastatur löst.
- Kein gedrucktes Handbuch, welches die grundlegenden Funktionen des Programms erklärt.
- Unendlich nutzlose Hilfefunktionen, mit denen man keine Sekunde lang liebäugeln wird, wenn man im Lösen von Sudokus Erfahrung hat.
- Einen genauso nutzlosen Algorithmus, der einem nach umständlicher Eingabe verrät, ob ein Sudoku lösbar ist oder nicht.
- Ein kleines Buch mit 100 Sudoku-Rätseln im Wert von fünf Euro.
Zwei Jahre nach seinem Erscheinen sollte man eigentlich meinen, dass diese Katastrophe von einem Programm mittlerweile zum Budget-Preis erhältlich sein müsste - ist es aber nicht. Wahrscheinlich, weil es sich in erster Linie nie wirklich gut verkauft hat. Gut so! Denn es gibt niemanden, absolut niemandem, dem man dieses Produkt auch nur unter Einschränkungen empfehlen kann. Keiner wird einen derartigen Mangel an frischen Sudokus haben, dass er diese 3.333 Stück hier unbedingt noch braucht. Eigentlich ist es doch immer noch am besten, einfach nur auf die neue Zeitung von Morgen zu warten.