Britannien im ersten Jahrhundert nach Christus: Die Römer haben die Insel besetzt und versuchen, die Vorherrschaft zu gewinnen. Die Stämme hingegen, die ihre Heimat selbst Albion nennen, wehren sich gegen das Joch Roms und möchten ihr selbstbestimmtes Leben behalten. Es kommt zu erbitterten Kämpfen, in denen das stärkere Rom den Briten immer mehr abtrotzt: Selbst ihre Religion dürfen sie nur unter bestimmten Voraussetzungen ausüben. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass die Priesterinnen der Briten zölibatär leben.

An der Grenze zu Wales jedoch hält sich der Territorialanspruch der Römer noch in Grenzen. Der keltische Vielgottglaube trotzt der aufkommenden Religion des Christentums. Hier wächst Eilan auf, Tochter eines angesehenen Barden und, was noch wichtiger ist, Enkelin des Obersten Druiden von Albion. In ihr erwacht schon früh die Sehergabe, so dass ihr Weg als Priesterin der Göttin vorgezeichnet scheint. Zunächst beschreitet Eilan diesen Weg auch voller Zuversicht. Dann jedoch schlägt das Schicksal zu:
Gaius, ein junger Römer, wird schwer verwundet in Eilans Elternhaus gebracht. Da er selbst ein Halbblut ist - Sohn eines Römers und einer Britin - gelingt es ihm, sich als Angehöriger eines Nachbarstammes auszugeben.
Während der langen Wochen der Genesung geschieht das Unvermeidliche: Eilan und Gaius verlieben sich ineinander - und selbst, als Eilan von Gaius’ wahrer Herkunft erfährt, kann sie sich nicht gegen ihre aufkommenden Gefühle erwehren.
Als es dann auch noch innerhalb der priesterlichen Gemeinschaft Albions zu einem Machtkampf zwischen Druiden und Priesterinnen kommt und Eilan erkennt, dass zwischen Recht und Unrecht viele Grauzonen liegen, gerät ihre Welt vollständig aus den Fugen.
Gefangen zwischen zwei Welten muss sich die junge Frau entscheiden, wem schlussendlich ihr Treueschwur gilt.

Wie bereits bei den Nebeln von Avalon hat sich Random House mit seiner inszenierten Lesung eines Marion Zimmer Bradley-Klassikers viel Mühe gegeben.
Wunderschöne, keltisch angehauchte Musik und einige Special Effects wie die Unterlegung der Erzählung mit Echo, Hall, Harfenklängen oder Schlachtenlärm unterstützen Anna Thalbachs gefühlvolle Lesung und lassen einen tief in die tragische Geschichte um die Liebe einer Hohepriesterin von Albion zu ihrem geschworenen Todfeind eintauchen. Souverän liest sie sowohl das junge Mädchen, die alte Priesterin wie auch den wütenden Krieger oder den willensstarken Druiden.
Ebenfalls lobenswert zu erwähnen ist die schöne Aufmachung der Box. Die einzelnen CDs selbst sind ebenfalls noch einmal in stabilen, bedruckten Papphüllen verpackt.

Die Wälder von Albion werden oft als Vorgeschichte der Nebel von Avalon bezeichnet, dies ist jedoch nur eingeschränkt richtig. Der Roman spielt vierhundert Jahre vor den Nebeln und im gleichen Land wie diese. Im Mittelpunkt steht auch hier die Gemeinschaft der Priesterinnen, die in späteren Zeiten von Avalon aus die Geschicke des Landes lenken werden.
Allerdings war es nie Marion Zimmer Bradleys Intention, eine Vorgeschichte zu schreiben. Der Verlag hat hier offenbar schlicht werbewirksames Potential genutzt.
Interessant ist für den aufmerksamen Hörer, der beide Werke kennt, allerdings, wie sich die Riten und Bräuche der Erzählung im Lauf der Zeit ändern und in Avalon nur fragmentarisch und in anderer Form ausgeübt werden.

Wie die Autorin, die diesen Roman übrigens zusammen mit Diana L. Paxson geschrieben hat, selbst im Vorwort erwähnt, beruhen die Grundzüge der Erzählung auf der Oper Norma. Trotzdem hat sie mit dieser keltischen Romeo-und-Julia-Geschichte einen eigenständigen, überzeugenden historisch-phantastischen Roman geschaffen, in dem weder Gefühl noch Mystik zu kurz kommen und der für die Hörbuchfassung perfekt gekürzt wurde.

Fazit:
Wer Die Nebel von Avalon geliebt hat, aber damit leben kann, dass Die Wälder von Albion eine eigenständige, tragische Geschichte mit viel keltischer Mystik erzählen, kommt hier auf seine Kosten.