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 BioShock

Verlag: 2K Games

Cover
Gesamt +++++
Action
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Ego-Shooter sind nicht gerade dafür bekannt, intellektuelle Schwergewichte zu sein. Der geistige Höhepunkt besteht meist in der Überlegung, ob man jetzt am besten den Raketenwerfer oder die Shotgun verwendet. Die Behandlung komplexer sozialer oder gesellschaftlicher Themen, wie sie in allen anderen Medien geschieht, sucht man vor allem in diesem Genre vergeblich. Und hier kommt "BioShock" mit dem Versuch, es anders zu machen. Das klappt im Rahmen der Handlung nicht so ganz, darf für das noch junge Medium Videospiel jedoch als mutig und neu gewertet werden. Ein exzellenter Shooter ist dabei auch noch rausgekommen.

Allein das Szenario ist höchst ungewöhnlich und genauso faszinierend. Als Überlebender eines Flugzeugabsturzes landet man im Meer, neben den brennenden Trümmern erhebt sich ein einsamer Leuchtturm. Darin befindet sich eine Taucherglocke, die den Spieler in die Tiefen des Meeres entführt - nach Rapture, einer großen Unterwasserstadt, die der einem gewissen Orson Welles nicht unähnliche Visionär Andrew Ryan erbaut hat, in der Hoffnung, dort ein von Staat und Religion unabhängiges Paradies für die Künstler und Wissenschaftler dieser Welt zu schaffen. Unten angekommen offenbart sich Rapture jedoch als eine Perversion seines Grundgedankens. Innerlich zerfällt die Stadt, steht teilweise unter Wasser. Halb wahnsinnige Menschen, nur noch Schatten ihrer selbst, schleichen jammernd durch die düsteren Tunnel und greifen alles an, was ihnen in die Quere kommt. Rapture ist ein Alptraum in Art Deco, ein Ort der Gewalt und des Grauens, der von dem mittlerweile paranoiden Andrew Ryan kontrolliert wird. Bei seiner Ankunft wird der Spieler über Radio vom Stadtbewohner Atlas kontaktiert, der seine Familie retten und aus Rapture fliehen möchte, wobei man ihn doch bitte unterstützen soll. Der Grund für das Abdriften Raptures in den Wahnsinn ist ein Stoff namens Adam - genetisches Material, das es dem Menschen möglich macht, erstaunliche Fähigkeiten zu entwickeln, ihn Blitze schießen und Menschen einfrieren zu lassen. Doch Adam macht auch süchtig und offenbar wahnsinnig, denn zwischen perversen Schönheitschirurgen und Künstlern lässt sich niemand mehr finden, der nicht bereit ist, für seine Sache zu töten ...

Normalerweise bräuchte man nur zwei Sätze, um die Rahmenhandlung und das Szenario eines Shooters zu umschreiben, doch die Welt von "BioShock" ist so dicht, so durchdacht und so komplex, dass es das einfach nicht tut. Die erste halbe Stunde des Spiels gehört zum Besten und Atmosphärischsten, was je auf dem PC vorzufinden war - von der Stimmung her wird der Rest des Spiels dem absolut gerecht. Die Standards setzende Grafik arbeitet mit der dichten Soundkulisse und dem prächtigen Innendesign der Levels perfekt zusammen, um den Spieler in diese bedrohliche, andersartige und dennoch faszinierende Welt buchstäblich abtauchen zu lassen. Nie hat man das Gefühl, sich in einem austauschbaren Szenario zu bewegen, man ist in Rapture. Die genaue Geschichte dieser Stadt muss man sich während des Spiels freilich erarbeiten und wird selbst dann Probleme haben, all die über Tonbandgeräte erhaltenen Informationen zu einem kohärenten Ganzen zusammenzusetzen. Die Handlung innerhalb des Spiels ist ebenfalls eher dürftig, letztendlich klappert man jedes Mal, durch Freund und Feind über das Radio angewiesen, nur den gesamten Level ab, erfüllt einige Aufträge und schaltet dadurch den Weg zum nächsten Abschnitt frei.

Denn im Kern ist "BioShock" immer noch ein Ego-Shooter, und zwar ein recht konventioneller. Genregerecht geht es dabei auch sehr blutig zur Sache, die deutsche Version ist dennoch entschärft. Schon bald findet man Waffen, mit einer Rohrzange beginnend und sich über Pistole, Shotgun und Granatwerfer bis zur Armbrust hocharbeitend. Darüber hinaus gibt es aber noch Plasmide. Schon sehr bald im Spiel wird der eigene genetische Code verändert und man ist plötzlich dazu in der Lage, Blitze zu schießen. Im Laufe des Spiels kann man sich mit gesammeltem Adam dann weitere Plasmide kaufen, mit denen man Gegner in Brand setzen oder einfrieren kann, andere findet man einfach, darunter auch Fähigkeiten, die einen kurzfristig unsichtbar oder stärker machen und sonstige Boni verleihen - die Zahl der freischaltbaren genetischen Fähigkeiten ist recht umfangreich. Während des gesamten Spiels kämpft man fast ausschließlich gegen sogenannte Splicer - wahnsinnig gewordene, genetisch modifizierte Einwohner Raptures, die den Spieler mit Rohrzangen, Waffen und Plasmiden beharken. Abwechslung gibt es da keine, dafür bleibt sich das Szenario immer treu. Die Splicer lassen sich jedenfalls dank der Plasmiden mit allerhand verschiedener Taktiken bekämpfen. Beispielsweise ist es möglich, einen Gegner per Blitz zu betäuben und ihm dann mit der Rohrzange den Rest zu geben. Oder man kann örtliche Verteidigungsanlagen umprogrammieren und für sich kämpfen lassen. Oder man kann einfach reinstürmen und die Gegner mit konventionellen Waffen beharken, was bei Weitem nicht so effektiv ist wie in einem normalen Shooter. Und so weiter. Auf die Dauer ermüdet sich der Kampf gegen die Splicer jedoch, zum einen, weil es mit simplen, schnellen Taktiken ganz gut funktioniert, zum anderen, weil das Spiel so unglaublich einfach ist. Wenn man stirbt, muss man nicht etwa neu laden, sondern wird sofort an der nächsten Station im Level wiederbelebt und muss ein paar Meter latschen, bevor man wieder am Ort des Geschehens ist. Spielstände neu laden muss man da fast nie. Bei all der genialen Atmosphäre wird das Spiel dadurch leider auch irgendwann zur einfachen Schießbude, die keine taktischen Anforderungen an den Spieler stellt.

Dennoch, "BioShock" ist schon jetzt eins der besten PC-Spiele des Jahres, alleine schon wegen der Atmosphäre, aber auch, weil es - wie gute Science-Fiction in Literatur und Film - den Mut hat, ein fiktives Szenario mit Tiefe zu spinnen. In "BioShock" geht es um die absolute Freiheit, die wir uns so häufig wünschen, ein angebliches Paradies bar jeder Moral und jeder Ethik. Im Zeitalter der Gentechnologie und der Debatte um die Grenzen der Wissenschaft ist das ein topaktuelles Thema. In einer hochdramatischen Szene nach zwei Dritteln des Spiels thematisiert es sogar indirekt die Freiheit, die man als Spieler von Videospielen wie diesem stets meint, zu haben. Kaum ein anderer Spieletitel der jüngeren Vergangenheit hat damit so sehr zum Nachdenken angeregt wie dieser hier. Und dann auch noch ein Shooter - kaum zu glauben!

Julius Kündiger



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. 2008 | FSK: 18 | Preis: 50 Euro

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