Eine Sammlung der Spielregeln des Management soll dieses Buch laut dem Vorwort des Autors sein. Es sollen sowohl unterhaltsame Geschichten erzählt als auch Analysen und theoretische Reflexionen angestellt werden, die sich dann schließlich in einer Art Rezept oder eben auch Spielanleitung auf hilfreiche Weise verdichten sollen.
Wie der Untertitel des Buches schon andeutet, werden die Welt, der Markt und das Unternehmen hier systemisch betrachtet. Die Mitarbeiter und auch die Führungskraft werden aber nicht als Elemente des Systems betrachtet, sondern als dessen Umwelt. Durch ihre Kommunikation schaffen sie einen Raum, der das System aufrecht erhält, so wie die Atmosphäre mit ihrem Sauerstoff und allerlei anderen Mechanismen dem Menschen einen Raum zur Verfügung stellt, in dem er überleben kann. Die Frage "Wie motiviere ich meine Mitarbeiter?" erweise sich, so der Autor, als Frage nach dem "Umweltschutz." Neben dieser Außenperspektive existiert aber natürlich auch noch die Innenperspektive, in der das Unternehmen eine Umwelt des Individuums darstellt. Um die Außen- und Innenperspektive zu integrieren, betrachtet Simon Verhalten als Ware. Ein Homo oeconomicus führt Buch über das gegenseitige Geben und Nehmen mit seinen Interaktionspartnern. Im Gegensatz zu einem Ding mit einem bestimmten und vorher definiertem (Geld-)Wert wird Verhalten (=Ware) jedoch jederzeit und individuell verschieden bewertet. Konstruktivismus und Systemtheorie bilden also den philosophischen Unterbau, auf dem Simon seine Thesen zu seinem radikal marktwirtschaftlichen Modell aufbaut. Eine Eigenschaft komplexer oder lebender Systeme ist die Selbstorganisation. Der Status quo eines lebenden Systems bleibt nur so lange erhalten, wie es Aktivitäten gibt, die genau dafür sorgen. Für ein Lebewesen bedeutet dies beispielsweise, dass es Nährstoffe zu sich nehmen und diese verdauen muss. Das Gleiche gilt für Systeme, die durch Aktivitäten von Lebewesen entstehen, wie eben für ein Unternehmen, das nur durch die Aktivitäten der Mitarbeiter, Kunden und so weiter fortbestehen kann. Zum Bewahren eines Ist-Zustandes muss das lebende System aber bestehende Ordnungen auch auflösen können, es muss antagonistische Tendenzen, nämlich Ordnung und Chaos stiftende, in sich vereinen.
Was all dies für das Managen eines Unternehmens bedeutet, macht Fritz B. Simon zusammen mit der Conecta-Autorgruppe deutlich. Neben der Philosophie zu System und Organisation, werden die grundlegenden Überlegungen auf bestimmte Begriffe und Konstrukte, die im Unternehmensalltag eine Rolle spielen angewandt: Leistung, Führung, Planung, Unternehmenskultur, Geschlechterrollen und Lernen.

Was man vielleicht wissen sollte, bevor man dieses Buch liest, ist: Fritz B. Simon ist weder Wirtschaftswissenschaftler noch ein Mann aus der Praxis, er ist ausgebildeter Psychiater und Psychotherapeut. Sein Blick ist der eines Systemtheoretikers. Doch obwohl seine Darlegungen zu den Grundlagen des Managements einen deutlich erkenntnistheoretischen Unterbau besitzen, versucht er mit diesem nur einen anderen Blick auf die Welt oder das Unternehmen zu etablieren. Das gelingt ihm nicht nur sehr gut, sondern ist zudem sehr unterhaltsam. Mit vielen Bildern und Beispielen gelingt es ihm, dem Leser die systemische Weltsicht auf spielerische Weise näher zu bringen. Da das Buch sich aber mit der Organisation von Unternehmen befasst, gibt Simon neben theoretischen Reflexionen auch ganz praktische Hinweise. Am Ende eines jeden Kapitels fasst er die Erkenntnisse unter dem Begriff "Rezept" stichwortartig in Form von Handlungsanweisungen zusammen. Wem also die Kapitel nicht ausreichend nah am Unternehmensalltag sind oder zu wenig konkrete Ratschläge geben, wird am Ende des Kapitels sicherlich zufriedengestellt. Notwendig sind diese "Rezepte" nicht wirklich, denn Simon schreibt durchgängig verständlich und mit viel Witz. Als Leser spürt man deutlich seinen Spaß am Thema und am Schreiben, was sich automatisch auf den Leser überträgt. Vom Niveau geht der Inhalt nicht über die im Untertitel genannten Grundlagen hinaus. Wer also bereits praktische oder theoretische Erfahrungen mit dem Management hat und dazu über Erkenntnisse der Systemtheorie verfügt, darf dieses Buch inhaltlich durchaus verpassen. Wer "nur" auf Erfahrung im Management blicken kann, dem wird hier der systemische Blick geboten.

Durch Simons sympathische Schreibweise und die Beschränkung auf die Grundlagen ist "Radikale" Marktwirtschaft als Einführung in die Grundlagen des systemischen Managements sehr gut geeignet. Neben dem nötigen systemischen Rüstzeug wird immer wieder auf dessen Bedeutung im Management-Alltag eingegangen. Aber das Buch informiert nicht nur, sondern bietet zugleich ein höchst vergnügliches Leseerlebnis.