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L.A., 1980: Am selben Tag, an dem John Lennon von einem "verzweifelten Fan" erschossen wird, bringt sich der junge Künstler Michael Faraday in einem Hotelzimmer ums Leben. Zurück bleibt seine Freundin Josie, zarter, hübscher Punk, die ins Leichenschauhaus gerufen wird und ihren toten Freund vollkommen fassungslos identifiziert. Plötzlich und unerwartet aus ihrem beschaulichen Leben gerissen taumelt Josie durch das graue Los Angeles und versucht sich mit der harten Realität abzufinden, dröhnt sich mit Drogen und Beruhigungsmitteln zu, trinkt zu viel.
Beim jüdischen Begräbnis einige Tage später trifft sie Michaels Eltern: seinen berühmten, stets fernen Vater Cal und die kalte Mutter Meredith, eine erfolgreiche Konzertpianistin, die zunächst in Josie nichts als das Mädchen sieht, das ihr Sohn aus der Gosse auflas, um sein von Reichtum geprägtes Leben und eine viel versprechende Zukunft aufzugeben. So schickt diese kühle, elegante Meredith Morddrohungen gegen Josie, gibt ihr die Schuld am Tod ihres Sohnes. Später jedoch kommen sich die beiden Frauen näher, beide wie gestrandet, ohne Ziel und Sinn im Leben nach Michaels Tod. Beide müssen erkennen, dass sie weniger über den verstorbenen Sohn und Geliebten wussten, als sie dachten. Über seinen Tod lernen sich die so gegensätzlichen Frauen langsam kennen, die reiche Meredith, die mit all ihrem Erfolg und ihrem Geld doch niemals glücklich sein kann und ihren Sohn nie wirklich verstanden hat, und die unabhängige, leidenschaftliche Josie, die sich mit Jobs in Studentenfilmen und als Aktmodell durchs Leben schlägt und ebenso erkennen muss, dass sie längst nicht alle Seiten von Michael, der für sie seine rosige Harvardzukunft aufgab, kannte.
Während Josie mühsam die Scherben einer längst kaputten Beziehung zusammensucht, werden immer mehr Aspekte von Michaels Leben, von dem seltsamen, von Enttäuschungen geprägten Verhältnis zu seiner Mutter und der Liebe zu Josie, durch die er versuchte, ein Anderer zu werden, offen gelegt.
Die Welt, die Janet Fitch hier beschreibt, wirkt düster, kaputt und seltsam surreal, als hätte der Tod Michaels Josie irgendwie vom Rest des Geschehens abgeschnitten. Die Art, wie sie die Welt wahrnimmt, wirkt betäubt und distanziert. Es ist überraschend, dass es ausgerechnet Meredith, diese absolut gegensätzliche Person, ist, zu der Josie es schließlich schafft, eine Art Kontakt zu knüpfen und über den Toten zu reden. Die beiden Charaktere faszinieren, erscheinen sie doch fernab jeden Klischees und jede auf ihre Art verzweifelt. Dabei ist keine von Beiden dem Leser so ganz sympathisch: Während Meredith zunächst kühl und unnahbar wirkt, sucht Josie nach dem bestmöglichen Weg ihren Schmerz zu betäuben, taumelt irgendwo zwischen Erinnerung und Realität durch die Straßen von Los Angeles.
Fitchs eigenwilliger, bilderreicher, recht wortgewandter Schreibstil ist dabei zu Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, schlägt jedoch auf Dauer in seinen Bann. Dabei ist der Titel des Romans, "Paint it black", Programm: In dieser Geschichte geht es nicht nur um die Kunst, sondern man findet auch nichts Aufmunterndes, keine etwas positiveren, sonnigeren Seiten, außer in Josies sehnsüchtiger Erinnerung. Und das wirkt auf Dauer ziemlich bedrückend und macht die Lektüre etwas anstrengend. Trotzdem sind die Charakterportraits außergewöhnlich feinfühlig gezeichnet und auch recht facettenreich. Die Protagonisten dieser Geschichte wirken auf sehr reale Weise unperfekt: nicht liebenswert, aber lebensnah und vielseitig.
Insgesamt ist "Paint it black" recht lesenswert, aber man sollte hier nicht mit einer leichten Lektüre für zwischendurch rechnen. Wer jedoch etwas Anspruch, Spannung, bilderreiche Sprache und viel Emotion schätzt, der liegt hier richtig.