Die Ermittlerin Carol Jordan soll in einer gefährlichen Mission für Europol arbeiten und Tadeusz Radecki überführen, einen in Berlin lebenden polnisch-deutschen Drogen- und Menschenschmuggler. Sie wurde für diesen Auftrag ausgewählt, weil sie Radeckis kurz zuvor bei einem Unfall gestorbener Freundin zum Verwechseln ähnlich sieht. Tatsächlich gelingt es ihr mittels ihrer von Europol aufgebauten neuen "kriminellen" Identität, Radeckis Vertrauen zu gewinnen und ihn für mögliche gemeinsame Geschäfte zu interessieren.
Ihre Berliner Kollegin und Kontaktfrau Petra befasst sich nebenher mit dem Fall eines brutalen Serienmörders, dessen Opfer sämtlich Psychologen sind. Carol gelingt es, ihren früheren Kollegen und engen Freund Tony Hill für die Mitarbeit zu gewinnen, der selbst Psychologe ist. Er kommt nach Berlin und kann bald schon ein Profil erstellen, das der Polizei ermöglicht, den Täter ins Visier zu nehmen.
Als Carols Angelegenheit sich optimal entwickelt und sie sich der sexuellen Avancen Radeckis nur noch mit Mühe erwehren kann, während sie sich eigentlich nach Tony sehnt, begeht sie einen verhängnisvollen Fehler. Nicht nur ihre Identität fliegt auf - mit dramatischen Folgen -, sondern auch Tony gerät in tödliche Gefahr.

Nachdem der Hörer eingangs auf ziemlich ausführliche Weise erfahren hat, wie Carol Jordan sich für ihren neuen Job qualifiziert, werden nun also in Berlin und anderen deutschen und niederländischen Städten zwei voneinander unabhängige Fälle parallel bearbeitet. Carol und Tony entwickeln ihre im vorausgegangenen Roman auf der Strecke gebliebene Beziehung weiter, während Carol den Lockvogel für Tadeusz Radecki spielt und Tony herausfindet, wie der Psychologenmörder gestrickt ist. Die Handlung zerfällt in zahlreiche Stränge, die in unstetem Wechsel aufgenommen werden; eine Herausforderung für den Hörbuchbesitzer, der anfangs auch Schwierigkeiten bekommen kann, die vielen auftretenden Personen einzuordnen.

Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, ist die Handlung nicht besonders spannend, wenn man von den detaillierten Schilderungen der Grausamkeiten des Serienmörders absieht, die aber nicht dazu dienen, die Handlung voranzutreiben. Es geschieht im Grunde wenig, man redet, man geht aus, man flirtet und stimmt sich ab und zu miteinander ab. Erst gegen Ende gerät die Geschichte in Fahrt, doch auch hier wird vor allem mit Sex-and-Crime-Effekten gespielt, wobei der Schwerpunkt auf dem Sex liegt, und mit der Gruselwirkung von brutalster Gewalt. Raffiniert ist das Konzept dieses Krimis gewiss nicht.
Hinzu kommen einige Unglaubwürdigkeiten, etwa, wenn die sonst so extrem umsichtige Carol an einem kritischen Punkt einen geradezu dämlichen, absolut vermeidbaren Fehler begeht, ohne den die Autorin offensichtlich nicht weitergekommen wäre, oder wenn Europol-Polizisten einen tödlichen Unfall provozieren und dabei mit einem seltenen, leicht als Polizeigefährt identifizierbaren Motorradtyp operieren. Da fühlt sich der Hörer ein wenig verschaukelt.

Die Umsetzung zum Hörbuch hingegen ist gut gelungen: Elke Schützhold versteht es, den von der Autorin überwiegend recht fad gestrickten Charakteren Leben einzuhauchen, indem sie ihnen jeweils eigene Stimmen und Sprechweisen verleiht. So gestaltet sich das Hörerlebnis doch recht abwechslungsreich. Aber die vorzügliche Sprecherin kann die mäßige Qualität des Romans natürlich nicht anheben, nur ein wenig mildern. Der Story selbst hätte eine sinnvolle Kürzung wahrscheinlich gutgetan.

"Ein kalter Strom" bleibt somit weit hinter den Erwartungen zurück, die man an die als Kriminalschriftstellerin eigentlich sehr empfehlenswerte Val McDermid stellt. Gewaltexzesse und Erotik ersetzen keinen mitreißenden Plot, sie würzen ihn lediglich, sofern er, anders als hier, vorhanden ist. An diesem Buch überzeugen nur die Sprecherin, die technische Qualität und die attraktive Aufmachung wirklich.