Vom Ur-Faust haben viele schon gehört, ganz in Anlehnung daran gibt es auch eine "Ur-Pippi" bei Oetinger zu lesen, die ursprüngliche Version von Pippi Langstrumpf, so, wie sie von Astrid Lindgren an die Verlage geschickt wurde - die die freche Göre auch erst mal ablehnten. Die "Ur-Pippi" ist eine kommentierte Version, es gibt also einen vergleichenden Kommentar von der Lindgren-Forscherin Ulla Lundqvist.

Alles geht gut in dem kleinen schwedischen Städtchen ohne Namen, zumindest bis zu dem Tag, an dem Pippi Langstrumpf in die Villa Kunterbunt zieht. Das kleine Mädchen mit den unglaublichen Kräften freundet sich schnell mit den "kleinen karierten Kindern" Tommy und Annika an. Weil Pippi alleine lebt, werden die kinderlieben Bewohner der Stadt schnell aufmerksam und wollen sie in ein Kinderheim stecken, aber sowohl mit einem sehr seltsamen Paar, das man ihr schickt, als auch mit den zwei Polizisten, die nachkommen, wird Pippi problemlos fertig.
Später sorgt sie dann in der Schule, beim Kaffeekränzchen und natürlich im Zirkus für jede Menge Ärger. Und das ein bisschen aggressiver, als man das aus der Originalversion kennt.

Ulla Lundqvist hat das Manuskript von Astrid Lindgren selbst bekommen, als sie über die vermutlich bekannteste Kinderbuchautorin der Welt promovierte. Sie zeigt die Unterschiede auf, die Intentionen, die Lindgren bei der Überarbeitung wahrscheinlich hatte, erklärt literarische Bezüge.

Die "Ur-Pippi" hat einige ziemlich trotzige und aggressive Züge, benimmt sich deutlich weiter daneben als sie das in der überarbeiteten Fassung macht. In der Schule schaukelt sie am Leuchter, der böse Ove bekommt seine Abreibung ohne dass er jemanden bedroht hätte und sein Vater wird auch gleich noch mit abgefertigt. Dazu kommen noch deutlichere Unsinnsanteile, viele Lieder, die Pippi singt, die etwas ziemlich dadaistisches an sich haben. Auch davon sind viele der Schere anheimgefallen.

Ulla Lundqvist kann ganz gut erklären, warum manche Änderungen vor sechzig Jahren sein mussten. Ihr Kommentar ist gut geschrieben und informativ, auch wenn er viele Leser nicht so sehr interessieren wird. Aber wer nicht ein bisschen hinter die Kulissen schauen will, der wird dieses Buch eh allenfalls zur Komplettierung der Sammlung haben wollen.

Für Fans von Astrid Lindgren ist es schwierig, dieses Buch nicht zu kaufen. Man erfährt so viel über die große Autorin und Pippi zeigt sich von einer härteren, einer manchmal fast unangenehmen Seite, ein ähnlicher Charakter wie Karlsson vom Dach. Anstelle der überarbeiteten Fassung muss man diese Pippi aber nicht kaufen, da sind ja auch einige eher ungeschliffene Stellen.