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Lübbe ist bekannt für spannende und unterhaltsame Krimis und Thriller. Der Thriller "Der Todeskünstler" will sich in diese Erfolgsgeschichte einreihen. Das Buch erschien im Oktober 2007 und ist der zweite Roman des amerikanischen Autors Cody Mcfadyen um seine Protagonistin Smoky Barrett. Zeitgleich erschien übrigens auch das von Franziska Pigulla gelesene Hörbuch.
Smoky Barrett gehört zu den exzellentesten Special Agents, die man sich nur vorstellen kann. Aber seit ein brutaler Killer ihre Familie und ihre beste Freundin niedergemetzelt hat, ist nichts mehr wie vorher. Ihr Gesicht ist entstellt, und statt befördert zu werden, soll sie junge Kadetten ausbilden. Schließlich ist sie mit all ihren Narben nicht repräsentativ.
Ihre Stärke ist aber sowieso nicht der Umgang mit den Medien, sondern das Einfühlen in die kranke Psyche von Mördern und Vergewaltigern. Sie und ihr Spezialistenteam jagen und finden die Ausgeburten der menschlichen Gesellschaft und führen sie ihrer gerechten Strafe zu.
Der neueste Fall allerdings verlangt Smoky und ihren Leuten alles ab. Gerade während ein paar freier Tage wird Smoky an einen Tatort gerufen. Und das nicht, weil sie die Beste ist - sondern weil das Mädchen, das sich noch am Ort des Geschehens befindet, nur sie verlangt hat. Sarah, gerade einmal sechzehn Jahre alt, wartet in einem Haus mit drei toten, aufgeschlitzten Menschen, eine Pistole an die Schläfe gedrückt. Sie glaubt, von jemandem verfolgt zu werden, den sie den "Künstler" nennt und der sie nach seinem Gutdünken formen will - mittels Verlust, Schmerz und Angst. Smoky weiß sofort: Dieser Fall wird sich als besonders hart erweisen ?
Verfolgt man all die Horrormeldungen in den Medien über Serienmörder, Amokläufer, Vergewaltiger und andere perverse Täter, ist das erschreckend und deprimierend, und man wünscht sich, die Welt sei ein kleines bisschen weniger grausam.
Unterhaltsam werden solche schrecklichen Erlebnisse erst, wenn sie in einem Buch oder Film aufgearbeitet werden. Man gruselt sich und fiebert mit dem Helden respektive der Heldin mit, denn letztlich ist es ja doch nur Fiktion, und meistens gewinnt das Gute doch. Cody Mcfadyen scheint sich nun für "Der Todeskünstler" vorgenommen zu haben, seinem Leser die schrecklichsten Erlebnisse, die man nur haben kann, und passend dazu das bunteste Sammelsurium an extremen Charakteren, darzureichen. Verkommene und absolut brutale Menschen - die Bösen -, wohin das Auge reicht, denen sich standhafte und stets gut aussehende Menschen - die Guten - entgegenstellen. So einfach kann es sein, 556 Seiten zu füllen.
Natürlich setzt sich die Geschichte nicht nur aus intelligenten Perversen und intelligenten Modelpolizisten zusammen. Missbrauchte Kinder werden ebenso in den Zutatentopf geworfen wie Suizidopfern - wohlgemerkt, bereits nach achtzig Seiten erfährt der Leser von zwei Polizisten, die sich selbst umbrachten, weil sie die Arbeit mit ihren dunklen Seiten nicht mehr aushielten. Und ähnlich extrem geht es weiter. Die junge Sarah, die mit sechzehn Jahren wirklich schon alles mitgemacht hat, wofür andere mehrere Leben brauchen, ist nur eines von vielen überzogenen Beispielen, in denen nahezu sämtliche möglichen Klischees herangezogen werden, die man sich im Krimigenre nur wünschen kann. Oder eben nicht.
Umso verblüffender ist es, dass "Der Todeskünstler" trotzdem flüssig zu lesen ist und, abgesehen von diversen plakativ heftigen Szenen, über lange Zeit unterhaltsam und spannend bleibt.
"Der Todeskünstler" sticht leider absolut negativ aus dem sonst gut bestückten Sortiment des Lübbe-Verlags heraus. Klischees, wohin das Auge blickt, dazu ein Ausmaß an Brutalität, als sei alles Schlimme der Welt zwischen zwei Buchdeckel gepresst worden - so macht Lektüre wenig Spaß. Umso überraschender, dass der Thriller dennoch dazu reizt, bis zum Ende zu lesen. Allerdings ist der Stoff wirklich nur etwas für Hartgesottene, denen eine extreme Ballung Gewalt mit sämtlichen Facetten richtig viel Vergnügen bereitet.