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Mit seiner Trilogie "Die Chroniken der Nebelkriege" hat der deutsche Schriftsteller Thomas Finn, der als Autor zuvor besonders im Bereich des Rollenspiels "Das Schwarze Auge" tätig war, einen erfolgreichen ersten Schritt in Richtung Jugendliteratur getan. Im Oktober 2006 ist der erste Teil dieser Trilogie, "Das unendliche Licht", nun in einer autorisierten Hörbuchfassung erschienen, die von Gisbert-Peter Terhorst eingesprochen wurde.
Obwohl seine Großmutter ihm zu verstehen zu geben versucht, dass er in dieser entscheidenden Nacht keine Irrlichter mehr fangen wird, harrt Kai weiter zwischen Gräsern und Schilf im Moor aus. Die Vorstellung, er habe nicht die Fähigkeit zum Irrlichtfänger, lässt den Jungen beinahe verzweifeln und entfacht ein ziehendes Brennen in ihm. Wütend stimmt Kai eine aggressive Melodie auf seiner hölzernen Flöte an, versucht, die Irrlichter mit Gedankengewalt zu sich zu zwingen. Und tatsächlich: Kai spürt, wie sich ihm ein Irrlicht rasend schnell nähert. Und dann ein zweites, ein drittes, viertes, fünftes! Kai hat alle Mühe, die glühenden Wesen in die mitgebrachten Laternen zu sperren, um sie anschließend mit ins Dorf zu nehmen und dort zu verkaufen. Seine Großmutter ist von Kais Erfolg überwältigt. Fünf Irrlichter! Das hat vor Kai noch kein anderer Irrlichtfänger geschafft.
Entgegen dem Verbot seiner Großmutter, seinen Erfolg an die große Glocke zu hängen, nimmt Kai ein besonders prächtiges Irrlicht mit nach Lychtermoor, um es den anderen Jugendlichen dort zu zeigen. Doch plötzlich fallen schauderhafte Geisterpiraten in das kleine Dorf ein, bringen gewaltsam alle Irrlichter in ihre Gewalt und ziehen auf der Suche nach weiteren der Licht spendenden Wesen in Richtung des Hofes von Kais Großmutter. Als Kai dies merkt, versucht er, seiner Großmutter zu Hilfe zu eilen, doch er kommt zu spät. Beim Anblick seiner toten Großmutter entfacht Kai unheimliche Kräfte, die über die Untoten wie ein Orkan hereinbrechen und ihre Reihen zerschlagen, aber auch dem Jungen selbst arg zusetzen.
Nachdem die Piraten vorerst vertrieben sind, findet Kai in dem Elfenjungen Fi einen Gefährten, der ihn mit sich nach Hammaburg nimmt, um ihn dort in die Obhut des Magisters Thadäus Eulertin zu geben. Während einer harten Lehrzeit versucht dieser, Kais inneren Mächte - die den Jungen über kurz oder lang zerstören würden - unter Kontrolle zu bringen und ihn auf seine bevorstehende Aufgabe vorzubereiten. Denn wie sich zeigen soll, ist Kai der letzte Feuermagier und damit der einzige, der sich der finsteren Nebelkönigin Morgoya entgegenstellen kann, die bereits das Inselkönigreich Albion unter ihre Herrschaft gezwungen hat und deren Schergen nun danach trachten, das Unendliche Licht, das vor der Küste Hammaburgs leuchtet und die Stadt schützt, in ihre Gewalt zu bringen ...
Obwohl das Grundmuster von Thomas Finns Geschichte altbekannt ist, vermag "Das unendliche Licht" seinen Hörer von Anfang zu unterhalten und zu faszinieren. Denn der Autor versteht es hervorragend, vertraute Elemente und beinahe schon als klischeehaft zu bezeichnende Momente dadurch aufzuwerten, dass er ihnen neue Aspekte und Reize abgewinnt und sie in einen neuen Gesamtkontext setzt. Hinzu kommen die vielfältigen und vielschichtigen Charaktere, die hier vor dem inneren Auge des Hörers sichtbar werden und die sich durch all ihre Eigenheiten und durch ihre komplexe Individualität schnell zu liebenswerten Sympathieträgern entwickeln, deren Geschichte man nicht nur gerne hört, sondern mit denen man auch wunderbar mitfiebern kann.
Interpretiert wird die Textvorlage des in Hamburg lebenden Autors von dem Schauspieler Gisbert-Peter Terhorst, der im Hörbuchbereich noch ein mehr oder minder unbeschriebenes Blatt ist. Tatsächlich wirkt seine Lesung zunächst auch befremdlich, scheinbar unwillkürlich und an unpassenden Stellen gesetzte Pausen zerreißen Satzgefüge und Zusammenhänge. Und doch hat dieser Stil etwas, dem man sich als Hörer nach einer Weile kaum mehr entziehen kann, das aber nur schwer in Worte zu fassen ist. Denn hat man sich erst einmal an Gisbert-Peter Terhorsts Art der Lesung gewöhnt - was erfreulich schnell vonstatten geht -, so findet man immer größeren Gefallen daran, was nicht zuletzt daran liegt, dass der Sprecher jeder der Figuren auf fantastische und doch nicht zu aufdringliche Weise ein eigenes Stimmbild verleiht, spannende Passagen packend und schnell liest oder ruhigere Abschnitte mit sanfter Stimme vorträgt.
Bei einem Umfang von vier CDs mit einer Laufzeit von 304 Minuten ist es unumgänglich, dass viele Teile der Romanvorlage bei dieser autorisierten Audiofassung der Schere zum Opfer gefallen sind. Dass diese nicht nur dann auffallen, wenn man die Geschichte bereits in ihrer vollständigen Form kennt, sondern auch dann, wenn man Kais Geschichte zum ersten Mal verfolgt, zeigt, wie gravierend und bemerkbar die Kürzungen ausgefallen sind. Auch die überleitenden Sätze und Textabschnitte, die hier in die Bearbeitung einfließen, vermögen diese Lücken nur bedingt zu schließen.
Fazit:
Gisbert-Peter Terhorsts Lesestil ist zunächst gewöhnungsbedürftig, weiß den Hörer aber schon nach kurzer Zeit vollständig zu überzeugen und zu begeistern, sodass "Das unendliche Licht" zu einem kurzweiligen, abwechslungsreichen Abenteuer wird, das jedoch leider in einer viel zu umfangreich gekürzten Hörbuchfassung vorliegt.