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"Der kleine Elmayer" ist ein Produkt, das es so auf dem deutschen Buchmarkt bisher nicht gegeben hat. Es versucht, Kindern ab fünf Jahren Benimmregeln zu vermitteln.
Dies beginnt mit dem wichtigen "ersten Eindruck", den Kinder durch Haltung, Frisur, Mimik, Kleidung, Gestik, Sprachduktus und Manieren ihrem Gegenüber vermitteln.
Dann wird in den Kapiteln "Was die Körpersprache erzählt", "Worte und Zauberworte", "Freundschafts- und Familienregeln", "Bitte nicht neben anderen ...", Tischlein deck dich", "Telefonieren und Nachrichten schreiben", "Kindergarten", "Schule", "Sauberkeit, Kleidung, Äußeres", "Einladungen" und "Andere Traditionen" genauer darauf eingegangen, wie sich Kinder zu benehmen haben.
Diese Regeln werden illustriert durch eine Reihe von großformatigen Bildern, die Friederike Großekettler beigesteuert hat.
Leider merkt man dem Text, den Ratschlägen und dem Sprachduktus an, dass der Autor Jahrgang 1946 ist. Berühmt durch seine Etikette-Regeln für Manager und der gehobenen Umgangsformen beispielsweise beim Wiener Opernball, versucht sich Thomas Schäfer-Elmayer an einem Benimmbuch für kleine Kinder. Leider aber wirkt er in diesem Werk belehrend, von oben herab und gibt Regeln vor, die aus einer Generation stammen, die heute Groß- und Urgroßeltern sind.
Wer Sätze liest wie "Probier doch mal aus, je nach Anlass etwas anderes anzuziehen, zum Beispiel als Mädchen ein hübsches Kleid und als Junge eine Stoffhose statt einer Jeans", gerät ins Grübeln. Immer wieder wird etwas vorgeschlagen, was heute Erwachsene als äußerst nervige Ermahnungen seitens ihrer eigenen Eltern vor Jahrzehnten hören mussten und ganz gewiss nicht ihren Kindern ans Herz legen werden.
Zudem ist der Ton daneben. Die Ratschläge geraten zu handfester Kritik. Wer nicht artig ist, ordentlich und fleißig, wer nicht "Danke", "Bitte", "Entschuldigung" und "Bitte sehr" sagt, den Erwachsenen den Vortritt lässt und höflich und ohne Widerworte durch sein junges Leben zu schreiten beginnt, ist "unten durch", aus dem wird nichts, der ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Die Regeln nerven, geraten zur Gesellschaftskritik und zur Herabsetzung der jüngsten Generation. Fast allergisch reagiert man, wenn man liest, dass es auf Respekt den Älteren gegenüber, Pünktlichkeit und die richtige Position des Messers neben dem Teller im Leben ankommt.
Nein, dieses Benimmbuch erfreut allerhöchstens Menschen über siebzig. Kinder können absolut nichts anfangen mit dieser oberlehrerhaft und in einer völlig unverständlichen Sprache geäußerten Besserwisserei. Wer wirklich glaubt, Kindergartenkindern etwas über Sitzordnung, Pünktlichkeit, Hand heben, wenn man etwas sagen will, und Spaß-durch-Regeln-einhalten erzählen zu müssen, hat den Kontakt zu dieser Generation wahrscheinlich verloren.
Hinzu kommen Bilder, die leider nicht witzig, nicht unterhaltsam und nicht mitreißend sind. Kinder jedenfalls, egal ob fünf, sieben, neun oder elf Jahre alt, blättern, lesen ein wenig, staunen, runzeln die Stirn und legen das Buch für immer in die dunkelste Ecke. Und ihre Eltern legen ganz schnell noch eine alte Zeitung darauf, damit sie nicht selbst auf die Idee kommen, es noch einmal hervorzukramen.
Allein die Aussage, dass man sich nach einem Kindergeburtstag doch schriftlich bei allen Gästen für den schönen Tag zu bedanken habe, sorgt mit Sicherheit für allgemeine Erheiterung. Diese Regel ist wahrscheinlich bereits kurz nach dem dreißigjährigen Krieg abgeschafft worden - leider haben das jedoch offensichtlich nicht alle mitgekriegt.