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"Geld regiert die Welt.", heißt es so schön, und in Mac Gerdts Brettspiel "Imperial" darf man dieses kleine Sprichwort gerne wörtlich nehmen. In diesem kriegerischen Strategiespiel übernimmt man nämlich nicht etwa die Rolle eines Herrschers, der die Geschicke seiner Nation lenkt, sondern die eines Investors, der eben jene Nation einfach ... aufkauft. Na gut, nicht ganz - ein paar der anderen Spieler haben sicherlich auch noch Investitionen in den einen oder anderen Staat getätigt. Aber wenn man selbst die größte Finanzspritze darstellt, ist es doch nicht zuviel verlangt, wenn mal eben das Nachbarland angegriffen werden soll, in welches - rein zufällig natürlich - der ungeliebte Konkurrent massiv investiert hat. Denn im Endeffekt erhofft man sich von seiner Investition ja doch nur den größten Profit.
Die Spieler bekommen am Anfang also keine der sechs Farben zugewiesen, womit das ewige Gezänk darüber, wer jetzt Grün bekommt, endlich mal umgangen wäre. Die Farben sind stattdessen fest den sechs Nationen Deutschland, Österreich-Ungarn, Russland, Italien, Frankreich und Großbritannien zur Zeit des ersten Weltkriegs zugeordnet. Ein Spieler kann zwar die Kontrolle über eine Farbe und damit eine Nation übernehmen, sie allerdings auch wieder verlieren - das richtet sich danach, wer am meisten Geld in das entsprechende Land investiert hat. Am Anfang wird dies noch zugelost, sodass bei einer Partie in voller Besetzung jeder genau eine Nation steuert. Mit weniger Spielern kann es passieren, dass jemand mehrere Länder lenkt, aber dies ist kein entscheidender Vorteil. Über den Verlauf des Spiels investieren die Spieler in die Großmächte, die sie bereits kontrollieren, oder in andere Länder. Ziel ist es, die Nationen, bei denen man sich eingekauft hat, am stärksten expandieren und am meisten Macht gewinnen zu lassen, damit sich am Schluss des Spiels aus den eigenen Investitionen die größte Rendite ergibt.
Gesteuert wird "Imperial", wie bereits Mac Gerdts Vorgängerspiel "Antike", über den sogenannten Rondell-Mechanismus - acht in einem Kreis angeordnete Felder, die verschiedene Aktionen ermöglichen. Wenn eine Nation am Zug ist, zieht der sie kontrollierende Spieler ihren Spielstein auf dem Rondell um bis zu drei Felder vorwärts, jedes weitere Feld kostet Geld. So kann man beispielsweise auf dem Spielplan, der in mehrere Länder und Regionen aufgeteilt ist, neue Armeen und Flotten ausheben oder Fabriken bauen, die deren Produktion erhöhen. Auf anderen Feldern kann man seine Armeen und Flotten weiterziehen, angreifen und wichtige neutrale Länder erobern, die die Macht eines Staates vergrößern. Am wichtigsten sind die beiden sich gegenüberliegenden Felder "Investition" und "Steuern" des Rondells. Bei "Investition" werfen die Länder Renditen an jene Spieler ab, die sich bei ihnen eingekauft haben - vorausgesetzt die Staatskasse stimmt. Außerdem darf einer der Spieler genau eine solche Investition in ein beliebiges Land tätigen. Hier kann es passieren, dass jemand die Kontrolle eines gegnerischen Lands übernimmt und fortan dessen Geschicke lenkt - bis sich derjenige das Land vielleicht wieder zurückkauft. Auf dem Feld "Steuern" schließlich wird geschaut, wie mächtig das aktuelle Land ist, je nachdem, wieviele Fabriken es gebaut und neutrale Länder es erobert hat. Dafür gibt es Punkte, die auf einer speziellen Leiste eingetragen werden - sobald ein Land das Ende dieser Leiste erreicht hat, endet das Spiel.
Wenn Armeen gezogen werden, lassen sich Konflikte häufig nicht vermeiden. Selbstverständlich kann man Bündnisse mit anderen Ländern schließen und sich gegenseitig nicht angreifen, aber häufig werden sich zwei Nationen, die in der selben Region stehen, bekriegen. Dies geschieht, indem Armee- oder Flottenspielsteine eins zu eins abgetauscht werden, derjenige mit der Übermacht gewinnt ganz einfach. So gilt es also, darauf zu achten, welche Nationen sich im Laufe des Spiels am stärksten ausdehnen, denn bei denen möchte man sich als Spieler einkaufen und zum Schluss dafür die höchsten Renditen erhalten. Denn es gewinnt - getreu des kleinen Sprichworts - der, der am Ende das meiste Geld aus seinen Investitionen wieder ausgezahlt bekommt.
Das innovative Spielprinzip von "Imperial" ist nur schwer zu erklären und anfangs auch zu begreifen, schließlich siegt hier - untypisch für Wargames - nicht derjenige, der die erfolgreichste Nation führt, sondern der, der am cleversten in die besten Länder investiert hat. Das muss man sich immer wieder vor Augen halten, wenn man die kleinen, hölzernen Armeen über den Spielplan schiebt. Dennoch ist der wirtschaftliche Teil des Spiels äußerst clever mit dem kriegerischen verknüpft, schließlich gilt es, genau aufzupassen, welche Länder bei der Eroberung Europas erfolgreich sein werden und welche nicht, will man zielsicher investieren. Gleichzeitig muss man freilich aufpassen, dass man auch zum richtigen Zeitpunkt investieren kann und nicht ohne Geld dasteht, wenn die Reihe an einen kommt. Manchmal gelingt es einem dann sogar, einem Kontrahenten die Kontrolle über ein anderes Land abzuluchsen, was nicht nur im Krieg entscheidende Vorteile bringt.
Fans echter Wargames wie "Axis & Allies" werden wahrscheinlich enttäuscht sein, dass es in "Imperial" keinerlei Würfel in der Schlacht und damit auch kein Zufallselement gibt, während sich die Armeen und Flotten im Spiel durch simples Abtauschen gegenseitig vernichten. Zweifelsohne jedoch muss jedes Land mit einer anderen Strategie vorgehen, will es an Einfluss gewinnen und diesen auch halten. Österreich-Ungarn und Russland etwa werden in einen ewigen Konflikt an Land um den Balkan und die Türkei verstrikt sein, während Frankreich und Italien sich Duelle zu See liefern, um Kontrolle über den Mittelmeerraum zu erlangen. Großbritannien schließlich hat kaum die Möglichkeit, Armeen auszuheben, kann dafür aber eine Übermacht an Flotten produzieren. Während die anderen Großmächte allesamt ausgeglichen sind, sind die Briten ein Sonderfall. Man muss schon ein paar Partien gespielt haben, um die Royal Navy gewinnbringend steuern zu können. Aber das ist das einzige Balanceproblem von "Imperial".
Das Spiel ist eine tolle Mischung aus Kriegs- und Wirtschaftsstrategie, ein innovativer und ungewöhnlicher Hybrid, der den planerischen, taktischen und diplomatischen Fähigkeiten jedes Spielers alles abverlangt. "Imperial" kommt mit toller Ausstattung daher, einem sehr großen Spielbrett, das fast schon wieder zu klein ist, um die vielen Holzkanonen, -schiffe und -fabriken aufzunehmen, die auf der Fläche agieren. Lediglich die Grafik ist ein wenig fad, da sie nicht mit hilfreichen Symbolen oder Bildern operiert, was den Einstieg mit der soliden Spielregel auch nicht gerade einfacher macht.
Mit einer Dauer von zwei bis drei Stunden und einem ungewöhnlichen Thema richtet sich "Imperial" deswegen ganz klar an Vielspieler, die sich für kriegerische oder wirtschaftliche Strategiespiele begeistern können - für die darf es jedoch als einzigartiger Leckerbissen im Strategiegenre gelten.
Ob es von Autor Mac Gerdts beabsichtigt ist oder nicht - das zynische Thema des Spiels mag zwar zur Zeit des ersten Weltkriegs angesiedelt sein, scheint aber so aktuell wie nie zuvor, wenn große Konzerne Präsidentschaftskampagnen finanzieren und Kriege mehr finanziell motiviert zu sein scheinen als ideologisch oder anderswie. Sollte das Spielprinzip von "Imperial" also satirisch motiviert sein? Denn eines hat der Spieler zum Schluss auf jeden Fall gelernt. Geld regiert die Welt - tatsächlich!