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 Furcht

Autoren: Bentley Little
Übersetzer: Christina Neuhaus
Verlag: Bastei Lübbe

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Als Maureen und Barry ein Haus in dem angesehenen Wohnviertel Bonita Vista kaufen, können sie ihr Glück kaum fassen. Der Blick von ihrem Anwesen aus ist atemberaubend, die Terrasse und das Grundstück sind zauberhaft. Obwohl die veraltete Einrichtung im Haus nach einer kompletten Renovierung schreit, ist der Kaufpreis mehr als fair. Mehr nebenbei erfährt das junge Paar, dass Bonita Vista eine abgeschlossene Wohnanlage ist und dass man, erwirbt man dort ein Haus, automatisch dem Eigentümerverein beitreten muss. Daran sind einige Bedingungen geknüpft, doch die Vorteile scheinen zu überwiegen, und so unterschreiben die beiden den Kaufvertrag.

Nach kurzer Zeit flattert dann die Satzung der idyllischen Wohnsiedlung ins Haus, dick wie ein Telefonbuch und höchst befremdlich. Es scheint, als würde sich die Eigentümerverwaltung mehr ins Leben der Hausbesitzer einmischen, als normal ist. Für jeden kleinsten Verstoß gibt es Bußgelder - sei es, dass der Garten nicht ganz in Ordnung ist, sei es, dass das Auto in der Einfahrt nicht in Parkrichtung steht oder dass man eben mal im Bademantel zum Briefkasten geht. Langsam, aber sicher häufen sich die Anzeichen, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt. Barrys und Maureens Kater wird vergiftet, die Nachbarn misstrauen sich gegenseitig, die Forderungen des Eigentümervereins werden immer krasser, bis sogar die sexuellen Kontakte der Bewohner untereinander zum Gegenstand der totalen Kontrolle werden. Es geschehen erste Morde, und selbst die Polizei schreitet nicht ein - sie scheint mit der Eigentümerverwaltung im Bunde zu sein. Und die Lage spitzt sich weiter zu, bis Bonita Vista für Maureen und Barry nur noch Furcht, Terror und Grauen bereithält …

In "Furcht" beschreibt Autor Bentley Little eine totale Schreckensvision, die zunächst harmlos beginnt: Man tauscht das laute, unsichere Leben in der Stadt gegen das in einer netten, überwachten Wohnsiedlung fernab vom nächsten größeren Ort. Die Kontrollen am Eingangstor und weitere Dinge sind eigentlich nur Zeichen für Sicherheit und Wohlstand - glaubt man zumindest. Doch nach und nach entpuppt sich das System als faschistoides Überwachungssystem, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt - bis hin zu Folter, Mord und Totschlag. Little baut das Grauen, das sich in diese gepflegte Wohngegend einschleicht, langsam und Schritt für Schritt auf. Der Leser ahnt natürlich schon zu Anfang, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugehen kann, und sieht unbehaglich zu, wie Barry und Maureen in ihr Verderben rennen. Stephen King, der Meister des Horrors höchstpersönlich, hat Littles Roman gelobt und betätigt sich als sein Mentor.
"Furcht" ist zweifellos sehr spannend, ein echter Pageturner, der den Leser sofort auf seine Seite zieht, denn genau wie Barry und Maureen empört man sich schnell über Willkür und Strenge der ominösen, omnipotenten Hausverwaltung, die ihre Mitglieder schikaniert und terrorisiert und die doch gleichzeitig aus den Einwohnern selbst besteht. So fühlt man sich teilweise ans Dritte Reich erinnert, in dem viele Leute ihre moralischen Zweifel über Bord warfen und einfach mitmachten. Dieser Vergleich ist gewollt und wird vom Autor auch aufgegriffen, wenn auch nicht sehr kunstvoll - die Einwohner von Bonita Vista haben die Demokratie für ein Leben in Ordnung und Wohlstand komplett aufgegeben.

Ein Schwachpunkt dieses Romans aber ist, dass er sich irgendwie für kein Genre entscheiden kann. Zu Beginn wirkt alles noch höchst realistisch, könnte tatsächlich so geschehen und scheint ein perfider Psychothriller zu sein. Doch mit Voranschreiten der Handlung wird es ein wenig fantastischer, bis das krasse, eigentlich lächerlich überzogene Ende den Anschein erweckt, dass es sich nun doch um einen Horrorroman handelt. Diese Mischung funktioniert nicht so ganz und wirkt unentschieden, vor allem geht das auf Kosten der Logik. Barry und seine Frau benehmen sich nämlich total dämlich.
Sie wissen, dass etwas nicht stimmt, und beschließen zunächst, sich nicht unterkriegen zu lassen - so weit noch vollkommen nachvollziehbar -, doch selbst als Leib und Leben in Gefahr sind, verschwinden sie nicht aus Bonita Vista, sondern verharren dort.
Es geschehen teilweise wirklich ekelhafte Dinge, doch selbst als Leute grausam verstümmelt werden - nur eine Extremsituation von vielen - verlassen Barry und Maureen die Siedlung nicht. Das ist kaum nachvollziehbar; das junge Paar verschwendet einfach viel zu wenige Gedanken an die gesehenen Schrecknisse. Als Barry also ehemalige Nachbarn sieht, denen auf einmal Arme, Beine und Ohren fehlen, findet er das zwar beunruhigend, aber: Nun ja, es beschäftigt ihn offensichtlich nicht genug, um diese Horrorsiedlung zu verlassen. Insgesamt ist also alles sehr weit hergeholt, obwohl es so logisch und passend begonnen hat.

Der Autor versucht zwar, diese Unlogik ein wenig zu erklären - die Polizei ist korrupt und so weiter -, aber das ist trotzdem sehr unrealistisch und unbefriedigend, denn schließlich geschehen diese Dinge im Staat Utah und nicht auf dem Mond, fernab von aller Zivilisation. Man darf "Furcht" also nicht unbedingt so lesen, als würde alles perfekt zusammenpassen und Sinn ergeben, sonst funktioniert der Roman nicht. Sieht man aber großzügig über diese Dinge hinweg und lässt sich einfach nur unterhalten, ist "Furcht" wirklich sehr, sehr spannend und beunruhigend und hat eine tolle Ausgangsidee - auch wenn man über Barry und Maureen ob ihrer Passivität zunehmend den Kopf schüttelt.

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 01. Dezember 2007 | FSK: 16 | ISBN: 9783404157983 | Originaltitel: The Association | Preis: 8,95 Euro | 550 Seiten | Sprache: Deutsch

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