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Die Geschichten von Judentum und Christentum sind eng miteinander verknüpft. Schließlich sind die ersten Christen aus den Juden hervorgegangen, auch wenn später die Heidenbekehrung eine große Rolle gespielt hat. Und gerade zwischen diesen beiden monotheistischen Religionen entwickelten sich im Laufe der Jahrhunderte stets große Konflikte, die von Gewalt begleitet wurden. Nun stellt allerdings Israel Yuval in dem Buch "Zwei Völker in deinem Leib" die These auf, dass gerade diese Kontroversen mitbestimmend für die Entwicklung beider Religionen gewesen sind.
Den Beginn macht das Buch mit den verschiedenen Deutungen der biblischen Geschichte um Jakob und Esau, die dem Sachbuch auch dem Titel geliehen hat, da Rebekka geweissagt worden war, dass sie zwei Völker in ihrem Leib trage. Und im Laufe der Zeit bekamen die Figuren Esau und Jakob stets neue Bedeutungen für Christen und Juden. Ein weiterer Mittelpunkt ist die Zerstörung des Jerusalemer Tempels, den die Christen als Strafe für Jesu Tod sahen. Die Juden hingegen betrachteten dies eher als Schmach, die vom Rachgott gesühnt werden muss. Zusätzlich wirken die einzelnen dies betreffenden Geschichten wie Reaktionen auf die Schriften der anderen Religion.
Nach den einzelnen Textauslegungen beschäftigt sich der Autor mit der Beziehung beider Religionen im Mittelalter. Hier berichtet er von dem aschkenasischen Judentum, das eine offene Feindschaft gegenüber dem Christentum pflegte. Diese beispielhaft dargelegten Texte sind auch teilweise der Grund für die weiteren Anschuldigungen an Juden gewesen. Hierbei genannt ist die Opferung jüdischer Kinder, womit verhindert wurde, dass diese in die Hände rachedurstiger Christen fielen. Daraus erwuchs die Ritualmordlüge. Hier wurde den Juden angelastet, christliche Kinder vor Ostern entführt und geopfert zu haben. Ebenso entstammte aus ähnlicher Quelle und bewusstem oder unbewusstem Missverstehen tatsächlicher jüdischer Rituale der Vorwurf der Hostienschändung. Entweder wurde das Auskochen der Hausgerätschaften vor Pessach oder die Mazza, die man an die Wand hing, falsch gedeutet.
Abschließend genannt ist die Endzeiterwartung der Juden um 1240. Zu diesem Zeitpunkt gab es Einwanderungen ins Heilige Land, man sah, dass ein neuer Kreuzzug aufbrach und viele Propheten sprachen von der Ankunft der letzten Tage. Im Zusammenhang damit standen auch die Eroberungen der mongolischen Reiter, die von einigen als verschollene Stämme gedeutet wurden.
"Zwei Völker in deinem Leib" beschreibt durch viele Zeitbeispiele und Textvergleiche die Möglichkeit, dass nicht nur das Christentum vom Judentum, sondern auch das Judentum und seine Gebräuche vom Christentum Anleihen genommen haben. Diese These untermauert der Autor mit vielen Beweisen, doch letztendlich bleibt sie als Möglichkeit im Raum stehen, ohne die letzte Gültigkeit erlangt zu haben.
Für alle, die sich genauer mit den Beziehungen zwischen Juden und Christen beschäftigen möchten ist dieses Buch eine gute Quelle für einen neuartigen Blickwinkel in die Entwicklung beider Religionen im Mittelalter.