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Spinnweben ziehen sich über Lenkräder, Sitze sind von dicken Staubschichten überzogen, Motorhauben unter einer Moosschicht kaum sichtbar und der Rost macht sich rund um die Karosserie breit. Was wir sehen, sind Oldtimer. Doch es sind keine gepflegten, restaurierten und penibel vor äußeren Einflüssen geschützten Autos, ganz im Gegenteil. Auf einem Grundstück, dass geheim gehalten wurde, sind über fünfundzwanzig Wagen versammelt, die sich selbst überlassen wurden, und das schon seit vielen Jahren. Sie stehen dort, wo sie abgestellt wurden, und sind teilweise Wind und Wetter schutzlos ausgeliefert. Das sieht man ihnen natürlich an. Nun mag so mancher Liebhaber aufschreien wollen, weil sie so schlecht behandelt wurden, doch dank den Fotos von Herbert W. Hesselmann wird uns ein anderer Blick auf die Dinge gestattet. Ein verzauberter und verliebter Blick in eine märchenhafte Welt, in der Autos einen Dornröschenschlaf abhalten.
1983 ist nicht nur das Jahr, in dem die Bilder entstanden sind, sondern auch das, in dem sie unter dem Titel "Millionenschrott" im "Spiegel" einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Und Hesselmanns Werke erzielten einen durchschlagenden Erfolg. Unzählige Autoliebhaber waren von den "Sleeping Beauties", den "schlafenden Schönheiten", fasziniert. Es gab sogar aufdringliche Anfragen, die es abzuwimmeln galt. Letztendlich hat die Neugier sogar gesiegt und das geheime Anwesen wurde entdeckt und von nun an nicht mehr vor Eindringlingen verschont. Darum gibt es diese Welt, die wir hier sehen, heute auch nicht mehr. Denn wer kann schon im Trubel schlafen? Die Oldtimersammlung wurde zum Teil verlegt, zum Teil verkauft. Von einigen weiß man nicht, was mit ihnen geschehen ist. Umso wertvoller ist deswegen dieser Bildband, der uns die einzigartige Welt dieser Sammlung nahe bringt.
Nicht einmal der Fotograf hat wirklich verstanden, warum diese Sammlung eigentlich so extrem geheim gehalten wurde. Doch wahrscheinlich wäre sie sonst nicht in dieser Form möglich gewesen. Auf Hesselmanns Fotos wird uns nicht nur vor Augen geführt, wie sich die Oldtimer im Laufe der Jahre verändert haben, sondern wir werden auch mitgenommen auf eine visuelle Zeitreise. Aufgrund des Alters der abgebildeten Autos, scheint der Verfall sogar berechtigt. Die Sammlung wird auf eine sehr kunstvolle Art und Weise präsentiert. Auch wer normalerweise keinen Bezug zu Oldtimern oder Autos überhaupt hat, kann hier auf Entdeckungsreise gehen. Man kann das Buch auf verschiedene Arten betrachten. Als Kunst, als Zeitdokument, als Auto-Foto-Sammlung oder als nostalgische Erinnerung. Die Ansätze sind mannigfaltig.
Die einzelnen Seiten des Bildbandes sind sehr dick und in guter Qualität. Der matte Druck verstärkt den verwitterten Look, den die Autos haben. In einer kurzen Einleitung wird sowohl auf deutsch als auch auf englisch die Geschichte der "Sleeping Beauties" erzählt. Im Anhang finden sich zusätzlich Angaben zu den abgebildeten Wagen. Wir sehen sie auf kleinen Bildern im Originalzustand oder restauriert, lesen technische Details und etwas darüber, in welcher Zahl sie hergestellt wurden.
Insgesamt ist hier ein wirklich schöner Bildband entstanden, der dem Betrachter eine wunderschöne Fotoserie nahe bringt. Zugegeben, das Thema ist sehr speziell und man muss bereit sein, sich auf das Außergewöhnliche einzulassen. Wer dazu bereit Lage ist, wird aber sicherlich viel Freude an diesen Fotos haben.