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 Zu Gast im Mittelalter

Autoren: Johannes Fried
Verlag: C. H. Beck

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Heutzutage haben wir eine gute Vorstellung von der Vergangenheit. Gerade die Zeit des Mittelalters scheint uns ein offenes Buch zu sein, das seine Geheimnisse nicht vor uns verbergen kann. Aber dies ist keineswegs so, denn Historiker können oft nur die wenigen erhaltenen Quellen interpretieren, Vermutungen anstellen und manchmal Dinge erraten. In diese Welt zwischen Fantasie und Wissenschaft führt uns das Buch "Zu Gast im Mittelalter".

Der bekannte Mittelalterhistoriker Johannes Fried führt den Leser hier in mehreren Aufsätzen, die in den letzten zwanzig Jahren entstanden sind, in die Welt des frühen Mittelalters ein. Den Beginn macht hierbei ein Gastmahl am Hofe Karls des Großen. Hier werden die überlieferten Quellen zerpflückt und als inhaltlich falsch beurteilt, worauf der Autor ein eigenes Bild formt, wie es hätte sein können. Noch mehr auf Vermutungen angewiesen sind die Historiker in Bezug auf Heinrich I., bei dem sich schriftliche und mündliche Überlieferung mehr als einmal widersprechen und von dem noch nicht einmal ein sicheres Krönungsdatum bekannt ist.

Wie die Geschichtswissenschaft mit erhaltenen Daten spielen oder politischen Missbrauch treiben kann, zeigt uns der Autor am Beispiel von Otto dem Großen, der als Vater des ersten deutschen Reiches berühmt wurde, obwohl es zu seiner Zeit noch keine Idee von einem geeinten deutschen Staat gegeben hat. Im nächsten Artikel ist vom Jüngsten Gericht die Rede, der Endzeiterwartung der mittelalterlichen Bevölkerung und wie diese dazu beigetragen hat, der Kirche zu mehr Macht und Einfluss zu verhelfen.

Ein interessantes Thema greift der Autor im folgenden Abschnitt auf. Hier ist die Rede von dem Freiheitsbegriff im Mittelalter und wie dieser durch Philosophen beeinflusst worden ist. Sehr von äußeren Einflüssen wurden die Meinungen und das Wissen über die Mongolen bestimmt. Diese unbekannte Gefahr, die Europa zu überrennen drohte, schien wie aus dem Nichts aufzutauchen. Aus diesem Grund waren aus europäischer Sichtweise die Mongolen ein von vielen Mythen und Geschichten umsäumtes Volk, dessen Merkmale im Frühmittelalter stets mit wahrer Beobachtung und Fantasie verschmolzen.

Der Prozess um den Templerorden dürfte Geschichtsinteressierten bekannt sein. In dem hier veröffentlichten Text deutet der Autor die erhaltenen Quellen aufgrund der mittelalterlichen Prozessvorlagen neu. Er stellt die provokante These auf, dass das freiwillige Geständnis des Großmeisters nicht freiwillig, sondern mit vorheriger Folteranwendung zustande gekommen sein muss. Zum Abschluss all dieser einzelnen Schriftstücke gibt es einen Überblick über die Methoden der Geschichtswissenschaft, die öfter als ihr lieb ist, einen schmalen Grad zwischen Wirklichkeit und Fantasie finden muss.

"Zu Gast im Mittelalter" ist eine Sammlung mehrerer Aufsätze. Diese beleuchten zentrale oder besonders interessante Punkte des Mittelalters und geben ihnen, stets auf Grundlage der vorhandenen Fakten, einen neuen Blickwinkel oder setzen sie ins richtige Licht. Somit wird der Leser aufgefordert, die Geschichte neu zu betrachten und zu entdecken. Ein interessantes Lesebuch für alle, die sich tiefer mit dem Mittelalter befassen möchten.

Daniela Hanisch



Hardcover | Erschienen: 01. September 2007 | ISBN: 9783406562150 | Preis: 24,90 Euro | 283 Seiten | Sprache: Deutsch

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