Sie hat sich einen ruhigen Platz unweit des Strandes gesucht. Von hier aus kann sie die Menschen am Strand beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Unsichtbar - so gefällt es ihr am besten, denn was hätten die Menschen schon gesehen? Ein knochiges Mädchen mit einem viel zu großem T-Shirt, notdürftig reparierten, rosafarbenen Schlappen und braunen Haaren, hinter denen sich sein Gesicht versteckt.

Wen sie dagegen sieht, ist Chris, ein Rettungsschwimmer, irgendetwas an ihm fasziniert sie und oft beobachtet sie ihn stundenlang, während sie ihre Gedanken und Gefühle in ihrem Notizbuch festhält, welches sie immer bei sich hat.

Was sie nicht weiß, ist, dass die Welt von Chris vielleicht auch nicht besser ist als die ihre. Er sucht nach einem Sinn in seinem Leben, nachdem er es nicht einmal auf das College geschafft hat und sich jetzt lieber am Strand herumtrieb, um nicht zu Hause sein zu müssen. Denn dort wartet nur die Erinnerung an ein totes Kind in den Augen seiner Eltern. Denn Chris, kleiner oder doch besser großer Bruder hatte den Tod gefunden in einem Moment, in dem der Vater nicht aufgepasst hatte.

Aber die Beobachterin - wie sie von den meisten heimlich genannt wird, denen die unscheinbare Gestalt auf den Stufen auffällt - hat auch noch ein anderes Ziel: die harmonischste Familie, die sie je gesehen hat.
Vater und Mutter vereint, während Evan sich rührend um seine kleine Schwester Callie kümmert und ihr jeden Wunsch von den Augen abliest. Wie zum Beispiel den, aus ihr jeden Sommer eine sandige Meerjungfrau zu machen. Nie dauert es ihm zu lange, ihr den schönsten Schwanz zu bauen.
Allerdings merken nur Evan und Callie, dass ihre kleine Welt doch nicht so perfekt ist. Sicher, sie waren eine Familie, aber zwischen ihren Eltern ist etwas passiert - unmerklich zwar, aber für Evan könnte es nicht deutlicher sein, selbst wenn es jemand laut in die Welt hinausgeschreien würde.

Doch welches Geheimnis steckte hinter der stillen Beobachterin? Würde es sich lüften lassen?

"Augenblicke" - passender hätte James Howe dieses Buch nicht betiteln können, denn er zeigt die Macht eines einzigen Augenblickes auf, der alles verändern kann.
Sei es das plötzliche Schweigen zwischen Evans Eltern oder der Unfall des großen Bruders von Chris, der nie älter werden wird als vier Jahre oder der Augenblick, der die stille Beobachterin zu dem machte, was sie ist.

Die Geschichte ist mitreißend und zieht den Leser mit allen Gefühlen in ihren Bann, während sich nur langsam die kleinen Geheimnisse um die drei Hauptcharaktere lichten und ihre unperfekte Welt freigelegt wird, in der sie nun etwas Schönes finden müssen.
Dabei stich besonders James Howes Vergleich mit einer kaputten Muschel heraus, in der man nun trotzdem noch etwas Wunderbares zu sehen versucht.

"Augenblicke" ist ein wirklich bewegendes Buch und man mag es kaum aus der Hand legen, weil man erfahren möchte, was sich hinter den stumm schreienden Augen der Beobachterin verstecken mag und welches Geheimnis sich hinter den Worten ihrer Fantasiegeschichten verbirgt.

James Howe hat mit seiner Geschichte auf eine alte und einfache Weisheit für seine Geschichte zurückgegriffen: Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.