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Mit 21 Jahren packt Veronika Peters zwei Koffer und begibt sich in ein Benediktiner-Kloster. Bis dahin hat sie schon so einiges erlebt in einem Elternhaus mit einem cholerischen Alkoholikervater, das sie mit fünfzehn verlässt und sich ab da allein durchs Leben schlägt. Eigentlich läuft dann alles ganz gut. Beruf, Freund, Wohnung, es ist alles da, was ein Leben nach bürgerlichen Gesichtspunkten erfolgreich macht. Und doch fragt sie sich: Geld verdienen und Sachen anhäufen, das kann doch nicht alles sein im Leben? Sie beginnt auf manchen Wegen nach einer Antwort zu suchen und praktiziert Zen-Meditation, liest philosophische Bücher und engagiert sich politisch.
Auf einem Seminar dann lernt Veronika eine Frau kennen, die sie auf Anhieb durch ihre Klarheit und Entschiedenheit beeindruckt, eine etwa 40-jährige attraktive Benediktiner-Nonne. Die Begegnung lässt sie nicht mehr los und nach einigen Besuchen und Gesprächen im Kloster entschließt sie sich dazu, Erfahrungen der ganz anderen Art zu sammeln. Freund und Auto werden verabschiedet, Zigaretten und Walkman fliegen aus dem Fenster, und sie macht sich mit zwei Koffern auf den Weg ins Kloster. Dort bezieht sie eine Zelle unterm Dach und es beginnt ihre Probe- und Ausbildungszeit.
Veronika Peters beschreibt ihre Zeit im Kloster, die Schwierigkeiten mit den anderen Schwestern und ihre inneren Widerstände gegenüber einem Leben des Gehorsams; Glauben ohne zu fragen kommt für sie überhaupt nicht in Frage. Bereits am ersten Tag kommen ihr Zweifel, ob diese Entscheidung wohl die richtige war und in der folgenden Zeit wird sie noch öfter an ihre Grenzen stoßen. Manches bereitet ihr Schwierigkeiten, wie das Zölibat, anderes ist schön und beglückend, wie die Musik und der Gesang; selbst Weihnachten lernt die Weihnachtshasserin lieben. Schließlich sollen es zwölf Jahre werden, die sie im Kloster verbringt. Nach dieser Zeit verliebt sie sich in der Klosterbuchhandlung in einen jungen Mann und kehrt zurück in ein weltliches Leben. Eine neue Lebensphase beginnt.
Doris Wolters liest in ruhiger getragener Art Auszüge des gleichnamigen Buches von Veronika Peters
Was in zwei Koffer passt, in dem diese ihre Erfahrungen in zwölf Jahren Benediktiner-Kloster eindrücklich schildert. Interessant wird es da, wo Wolters die Stimmen der einzelnen Nonnen in verschiedenen Stimmlagen und Tempi interpretiert. Erstaunlich, wie es ihr gelingt, die unterschiedlichen Alter und Charaktere stimmlich differenziert zu übermitteln.
Einige Hörer werden sicherlich die Schilderung der Nonnen im Kloster faszinierend finden und feststellen, dass Nonnen auch nur Menschen sind, mit der ganzen Bandbreite menschlicher Schwächen und positiver Charakterzüge, angefangen von der fluchenden, Traktor fahrenden Paula bis zur nörgelnden Hildegard und der feinen Ausstrahlung von Schwester Rafaela. Es ist beruhigend zu wissen, dass selbst Menschen, die sich dem Geistigen voll verschrieben haben, auch mal ein Gläschen trinken und Schokolade naschen. Auch die Beschreibungen der romantischen Klostergebäude und der Weihnachtszeremonie sind sehr ansprechend.
Wirklich spannend aber wird es da, wo Peters über ihre Beweggründen erzählt, die sie dazu gebracht haben eine so weit tragende Entscheidung zu treffen. Warum ist die Frage, warum man in ein Kloster eintritt, genauso schwer zu beantworten wie die Frage, warum man sich in einen bestimmten Menschen verliebt und nicht in einen anderen, fragt Veronika Peters sich. Vielleicht ist es die Rückzugsmöglichkeit, der Wunsch etwas zu entdecken, das man nicht so einfach wegwischen kann, die Suche nach dem Grund des Daseins, nach etwas, was bleibt, dem Kampf sozusagen, gegen die Auslöschung der eigenen Existenz.
In spannenden 154 Minuten berichtet Veronika Peters auch über die Widerstände, die immer wieder auftauchen, wie, sich ganz auf das Klosterleben einzulassen. Nach zweieinhalb Jahren ist sie noch immer auf dem Sprung und eine Schwester rät ihr, sie müsse erst einmal ankommen, um in die Tiefe gehen zu können. Nach zwölf Jahren entschließt Peters sich das Kloster zu verlassen und hält Rückblick: Trotz oder gerade wegen all der inneren Widerstände und Kämpfe war es eine wichtige Zeit für sie. Und sie kann ganz klar für sich beantworten: Gescheitert? Nein, weitergegangen!
Veronika Peters erzählt mit sehr viel Offenheit und Intimität, scheut sich nicht über ihr Innerstes zu berichten und lässt den Hörer teilhaben an ihrer Erfahrung, die ihr sicher sehr nahe gegangen ist. Sie macht Mut, das Alte hinter sich zu lassen und mal eine ganz neue Lebenserfahrung auszuprobieren, sich immer wieder neu einzulassen und auch wieder loszulassen.