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Es sollte ein kurzes Abenteuer sein, um den Inuit das Wohlwollen der
qallunaaqs, der weißen Männer, zu sichern. Die weißen Männer wurden von Robert E. Peary angeführt. Dieser wollte den Nordpol als erster erreichen, aber dafür musste er erst Kontakt mit den Bewohnern aufnehmen, den Inuit, oder wie er sie nennt, Eskimos, denn wir schreiben das Jahr 1897. Robert E. Peary hat es sich zum Ziel gemacht, Ruhm und Ehre durch seine Entdeckungen zu erreichen - und wie hätte er das besser bewerkstelligen können, als dass er eine Handvoll lebender Eskimos mit in die Staaten zurückbringt?
Zusammen mit Eisbärenfellen, Knochen von verstorbenen Eskimos, Hunden und anderen Schätze der Inuit schifft Robert E. Peary nun auch sechs Eskimos mit nach New York ein.
Unter den Eskimos befinden sich auch der sechsjährige Minik und sein Vater Qisuk. Doch das Abenteuer, das gerade einmal ein halbes Jahr dauern soll, entwickelt sich für die Eskimos zum wahren Alptraum. Das Klima bekommt den lebenden Exponaten schlecht und sie werden krank. Nach und nach erliegen bis auf Minik und ein anderer Inuit namens Uisaakassak alle Eskimos ihren Krankheitsschüben. Es endet damit, dass Uisaakassak, der Anfang 20 ist, nach Hause zurück geschifft wird, während Minik, der nun Waise ist, in New York behalten wird.
Doch er soll kein Glück finden, denn in den USA ist er der exotisch aussehende Angehörige eines primitiven Volkes und so kämpft Minik dafür wieder in sein Geburtsland zurück zu dürfen, doch ob er dort, "amerikanisiert", sein Glück findet, ist mehr als fraglich, denn Minik ist ein Gefangener zwischen zwei Welten zum Wohle der ForschungÂ…
Mit "Minik - An den Quellen der Nacht" hat Ralf Isau erstmals völlig der Fantasie den Rücken gekehrt. Bekannt durch seine Kombination von Fantasie und realen, meist geschichtlichen, Begebenheiten, schreibt Ralf Isau diesmal gänzlich geschichtlich. Angelehnt an die Biographie über Minik von Kenn Harper fasst Ralf Isau die Gesichte des Inuit Minik in seine ganz eigenen Worte und nimmt sich dabei heraus, Lücken, die sich bei einer Biographie meistens ergeben, mit eigenen Ideen zu füllen, auf die er aber auch im Nachwort hinweist.
Liest man das Buch, fallen einem die Lückefüller aber gar nicht weiter auf, denn sie sind stilecht und realistisch und passen sich gut in das Gesamtbild des Buches ein.
Das Buch selber hat einen Hang zum Dramatischen, da Minik vor allem ein Medienkind war und sowohl Zeitungsartikel wie auch Personen im Rampenlicht gerne zu Übertreibungen neigen. So erinnert das Buch an manchen Stellen eher an ein inszeniertes Drama. Dennoch bleiben Tatsachen Tatsachen, und Ralf Isau erzählt nicht gerade unkritisch über die Forschung jener Zeit aus der Sicht von Minik. Vor allem macht er in seinem Nachwort deutlich, dass der Preis, damals wie auch heute, für die Forschung teilweise zu hoch ist und oft zu Lasten anderer fällt - und dass eben nicht alles golden ist was glänzt.
Um sich in der eisigen Welt Grönlands nicht zu verirren, findet der Leser am Anfang und am Ende des Buches eine Karte von Miniks zwei Welten, wobei auf den Teil der nördlichen Welt noch mal detaillierter eingegangen wird.
Auf jeden Fall ein interessantes Buch, auch wenn es durch die Dramatisierung teilweise übertrieben wirkt, aber es steht für eine wahre Begebenheit und ist leider nur ein Beispiel für viele Inuit von damals beziehungsweise für Eingeborene auf der ganzen Welt, damals wie heute.
Geschichtsliebhaber werden hier sicherlich eine gut erzählte Version von Miniks Biographie finden, den anderen mag es eine interessante Gesichte über das Land des Eises sein. Auf jeden Fall wagt sich Ralf Isau auch hier wieder an ein eher brisantes Thema heran, denn wie weit darf man im Namen der Forschung gehen?
Und auch alten Ralf Isau-Fans sei versichert, er ist sich treu geblieben, denn selbst hier konnte der Autor es nicht unterlassen einen kleinen Verweis auf eins seiner früheren Werke zu verstecken.