Erzählen ist eine Kunst, die heute leider nur noch sehr Wenige beherrschen. Kaum einer ist noch dazu bereit, eine Geschichte zum Besten zu geben. Kein Wunder, denn eine gute, erfahrungsreiche Geschichte erzählen zu können erfordert Übung. Dabei stiftet sie vielfältigen Nutzen, auch in Wirtschaft und Schule. Erfahrungen und Wissen werden heute nicht mehr durch Erzählen weitergegeben. Was früher in epischer Breite praktiziert wurde, hat an Boden verloren, zugunsten der faktischen und trockenen Informationsweitergabe in Enzyklopädien und Datenbanken mit wenig Erlebniswert. Aber wer Erfahrung auf einem bestimmten Gebiet hat, weist dort Wissen und Können auf, und dieses Wissen lässt sich nutzen. Wie man dieses Wissen erzählend weitergeben kann und was das bringt, damit beschäftigen sich in diesem Buch Vertreter aus Wirtschaft und Forschung.

In fünfzehn Beiträgen schreiben Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Bildung von ihrem Wissen und ihren Erfahrungen mit narrativer, also erzählend weitergegebener, Wissensvermittlung. Der theoretische Teil gibt eine Einführung in die Grundlagen und es werden Fragen nach Stellenwert und Nutzen des Erzählens in den Bereichen Arbeit und Bildung gestellt. Anschließend werden Methoden vorgestellt, wie der Prozess des Erzählens und der Umgang mit Geschichten fruchtbar genutzt werden kann. Konkret wird es in den letzten beiden Abschnitten. Diese enthalten theoretische und methodische Überlegungen zu den Organisationsformen Unternehmen und Schule. Abschließend folgt ein Autorenverzeichnis mit Kurzprofilen.

Die Beiträge in dem vorliegenden Fachbuch behandeln das Thema umfassend und wissenschaftlich fundiert in all seinen Facetten. Das Buch enthält eine gelungene Mischung aus Theorie und Praxis, aus Wissen und anschaulichen Beispielen. Angefangen bei sogenannten "Springboard Stories", Geschichten, die beim Erzählen zu sogenannten "mentalen Sprüngen" führen, bis zum "Erzählkoffer" erfährt der Leser so Manches, selbst das "Tratschen" macht anscheinend noch Sinn. Die Texte werden durch Grafiken illustriert und Tabellen fassen wichtige Erkenntnisse und Evaluationen zusammen, jedem Beitrag folgen ausführliche Literaturangaben.

Nützlich sind auch die praktischen Empfehlungen für die Umsetzung. Wie kann beispielsweise bei Erwachsenen Erzählkompetenz aufgebaut oder vergrößert werden? Wie kommt man vom Erfahrungswissen zum Handeln? Ebenfalls wird bewiesen, dass vor allem mündlich erzählte Geschichten komplexe Erfahrungen anschaulich, emotional und lebensnah-praktisch vermitteln. Abschließend zieht Professor Reimann den Schluss, dass narrative Formen der Darstellung und der Weitergabe von Erfahrungswissen unterschätzt und deren Potentiale nicht ausreichend genutzt werden. Dies wurde sehr überzeugend in den Beiträgen dargestellt.

Das Fachbuch richtet sich an alle, die sich intensiv mit Wissen und Lernen in Unternehmen und Organisationen beschäftigen und dabei am Erfahrungswissen von Menschen besonders interessiert sind. Es will zum Nachdenken und Ausprobieren anregen und Mut machen, über den eigenen Tellerrand zu schauen, und das tut es. Der Gegenstand des Buches ist interessant und allgemein verständlich dargestellt und kann damit auch einem breiten interessierten Publikum empfohlen werden.