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"Die Ära der klassischen Staatenkriege scheint zu Ende", beginnt die Wiener Politologin Irene Etzersdorfer ihr Einführungsbändchen "Krieg - Eine Einführung in die Theorie bewaffneter Konflikte", das kürzlich bei UTB erschienen ist. "Die Geschichte des Krieges aber geht weiter", führt sie weiter aus. In der Tat erleben wir weltweit eine Vielzahl bewaffneter Konflikte ganz unterschiedlicher Art, deren umfassende und differenzierte Klassifizierung, Einschätzung und Bewertung mit dem derzeitigen wissenschaftlichen Instrumentarium - das zum Teil noch auf Ideen Clausewitz zurückgeht - nicht im vollen Maße gewährleistet ist.
Auf 264 Seiten gibt Irene Etzersdorfer einen umfassenden, wenn auch recht kurzen Einblick in den derzeitigen Forschungsstand. Dies ist wohl dem Charakter einer Einführung geschuldet, aber der interessierte Leser wird ohnehin nicht um eine weiterführende Lektüre herumkommen. In drei großen Abschnitten widmet sich das Buch den folgenden Themenkomplexen: Kriegsformen, Kriegslegitimationen und Kriegstheoretiker. Bei den Kriegsformen wird zwischen dem Staatenkrieg, dem Bürgerkrieg, dem kleinen Krieg und den neuen Kriegen unterschieden. Nach einer kurzen Einleitung in die jeweilige Kriegsform, die einen historischen Überblick liefert, nähert sich Etzersdorfer dem Thema zum einen aus ideengeschichtlicher, zum anderen aus völkerrechtlicher Sicht. Trotz historischer Referenzen kommt die Geschichtswissenschaft in dieser sehr theoretisch ausgerichteten Darstellung leider zu kurz und fungiert eher als Hilfswissenschaft sowie als praktischer Beispielfundus.
Nachdem eine Beschreibung der einzelnen Kriegsformen in ihrer unterschiedlichen Ausprägung erfolgt ist, widmet sich die Autorin der Frage nach der Legitimation derselben. Auch hier unterteilt sie in vier Bereiche: Gerechter Krieg, Revolutionärer Krieg, Heiliger Krieg und Ethnopolitischer Krieg. Die hier ausgebreiteten Konzepte sind allesamt nicht neu, jedoch hervorragend auf Grundlage des bisherigen Forschungsstands zusammengefasst.
Auch das dritte und letzte Kapitel trägt den Charakter eines Lexikons und gibt kurz und knapp einen Einblick in die Biographie und die theoretischen Werke vierer prominenter und einflussreicher Kriegstheoretiker (Niccoló Machiavelli, Carl von Clausewitz, Ernesto Guevara und Mao Tse-tung).
Für eine Einführung bewegt sich dieses kleine Werk bereits auf einem sehr hohen Niveau und kann vor allem als Nachschlagewerk verwendet werden. Vorkenntnisse des Lesers in Politikwissenschaften und Philosophie werden offensichtlich von der Autorin als selbstverständlich vorausgesetzt, was für sich genommen nichts Negatives darstellt, dieses Buch allerdings gerade für Einsteiger und Erstsemester schwer(er) verständlich macht. Eine Vertrautheit mit den wichtigsten Werken Kants, Hobbes oder aber auch Freuds erleichtern die Lektüre dieses Büchleins ungemein. Dass nun die Geschichtswissenschaft in diesem Buch ein wenig zu kurz kommt, ist bedauerlich und das obwohl es als ein weiteres politikwissenschaftliches Überblickswerk geschrieben worden ist. Theorien erleichtern zwar die Orientierung, vernachlässigen aber auch historische, zeitbedingte Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Spezifika. Als Ergänzung hierzu empfiehlt sich vielleicht das Büchlein "Der Krieg. Geschichte und Gegenwart" von Andreas Herberg-Rothe.