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Welche Begriffe assoziiert man mit Paris? Die Seine, den Louvre, den Eiffelturm, lamour? Und denkt man nicht unweigerlich an den Karlsplatz, den Veitsdom und die Moldau, wenn der Name Prag erwähnt wird? Doch beide Metropolen besitzen zugleich auch eine dunkle, verborgene Seite. Voller Abgründe und ungenannter Schrecken. Diese auszuloten hat sich der gebürtige Franke Markus K. Korb vorgenommen - wie auch schon im Vorgängerband "Grausame Städte" aus dem Jahre 2003, welcher der Lagunenstadt Venedig und dem pulsierenden Moloch Berlin düstere Geheimnisse entlocken konnte. Doch das Grauen kann überall lauern!
Den Auftakt in "Grausame Städte II" macht die Erzählung "Geliehene Zeit" und schildert die Beziehung eines mittellosen jungen Künstlers zu seinem sonderbaren Agenten und nicht minder seltsamen Vernissagegästen. In "Der Passant" lernt ein namenloser Protagonist in den Irrwegen der Pariser Metro eine unschöne Wahrheit der Stadt näher kennen, als ihm lieb ist. Ähnliches trifft auch auf die Gruppe Intellektueller zu, die "Nachts im Observatorium" gespannt auf die Resultate des Professors Grisétoile warten, der sich eingehendst mit einem Sphärenband auseinandergesetzt hat, ohne die fatalen Folgen abzuwägen.
"Der dreizehnte Astronaut" stellt die erste Exkursion des Bandes dar und entführt den Leser in die Vereinigten Staaten, wo ein früherer Weltraumfahrer ein unglaubliches Geheimnis hütet.
Mit "Gefangener des Auges" beginnt schließlich der Prag-Zyklus des Buches und geleitet in längst vergangene Zeiten einschließlich schrecklicher Legenden. Doch gehören diese ebenfalls der Vergangenheit an?
"Der ultimative Sound" dröhnt keineswegs aus den Lautsprechern einer Anlage, sondern entstammt einem lichtlosen Ort, tief unter der Erde. In "Neu Gomorrah" hat die Apokalypse bereits zugeschlagen, sich jedoch (noch) nicht dem überlebenden Protagonisten in ihrer wahren Natur gezeigt.
Der Abschluss der Geschichtensammlung ist zum einen ein weiterer Exkurs und führt zudem erneut weit zurück in die Vergangenheit, genauer gesagt ins Unterfranken des 19. Jahrhunderts, wo der Dichter Friedrich Rückert eine bislang unbekannte Seite seines Lebens offenbart, in der Liebe, Tod und Wiederauferstehung sehr eng beieinander liegen ...
Bekommt man etwas Neues aus der Feder von Markus K. Korb, so darf man sich für gewöhnlich auf sehr stimmige, mitunter überraschende und meist äußerst originelle Geschichten und Erzählungen jenseits eingefahrener Klischees freuen. "Grausame Städte II" bildet glücklicherweise keine Ausnahme. Meisterhaft spannt Korb eine Brücke zwischen Altmeistern wie Poe, Kafka oder Hawthorne hin zur weniger allegorisch-expressionistisch geprägten Prosa der Gegenwart einschließlich mehrerer überraschend blutig ausgefallener Passagen. Beneidenswert, mit welcher Routine ihm dieses Kunststück inzwischen gelingt, ohne dabei aufgesetzt zu wirken. Gleiches kann man auch von den beiden Exkursen gen USA beziehungsweise Franken behaupten. Obwohl sie keine direkte Beziehung zu den im Zentrum des Bandes stehenden Metropolen haben, fügen sich die beiden Erzählungen wunderbar stimmig in die düster-geheimnisvolle Atmosphäre des Bandes ein, dessen Bandbreite mit klassisch geprägten Schauergeschichten, Urban Fantasy und selbst einem Ausflug in die Science-Fiction sehr weit gefächert ist.
Fazit: "Grausame Städte II" bietet wunderbar schaurige Unterhaltung von einem der besten deutschen Phantastik-Autoren ohne Ausfälle. Allerdings könnte geneigten Lesern, die sich bislang noch nicht mit Korbs Werken und damit auch seinem Stil auseinandergesetzt haben, der Einstieg etwas schwer fallen. Doch die Mühen werden letztlich belohnt werden; versprochen!