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Henry Morgan, die Verkörperung des "Fluchs der Karibik", war der am meisten gefürchtete Pirat seiner Zeit. Seine Grausamkeit und seine Tollkühnheit sowie die unglaubliche Menge an Schätzen, die er sich aneignete, machten ihn zur Legende.
Die Autorin Maja Nielsen porträtiert in ihrem Buch aus der Reihe "Abenteuer und Wissen" den Mann im Zentrum dieser Legende und befasst sich mit der spannenden Expedition des Schiffswracktauchers Rick Haupt, dem es gelang, die "Oxford" aufzuspüren, Henry Morgans vor der im Süden Haitis gelegenen Insel Île à Vache gesunkenes Schiff.
Das Buch informiert über das Piratenwesen im 17. Jahrhundert, das vom englischen König gefördert wurde, um die Spanier zu schwächen, die ihre neuen amerikanischen Kolonien erbarmungslos ausbeuteten. Die Leser lernen die berühmte Figur Henry Morgan kennen und erfahren, wie dessen vom englischen König zur Verfügung gestelltes Schiff "Oxford" Anfang Januar 1669 kurz vor einem geplanten Beutezug durch eine Munitionsexplosion sank. Im nächsten Kapitel geht es um Rick Haupts ersten Kontakt mit der Île de Vache, wo er eigentlich nach einem anderen gesunkenen Schiff suchte und im Rahmen dieser Expedition eines der Schiffe von Henry Morgan entdeckte.
Anschließend wird geschildert, wie Morgan trotz des empfindlichen Verlustes - die Explosion hatte nicht nur das Schiff zerstört, sondern auch viele seiner Männer getötet - verwegene Beutezüge begann und erfolgreich beendete; unter anderem fiel ihm die Stadt Panama zum Opfer. Auch der Alltag des Piratenlebens wird in diesem Abschnitt beleuchtet.
Rick Haupt hat sich nach jener Expedition in den Kopf gesetzt, die "Oxford" zu finden. Die Leser verfolgen, wie er allen sich häufenden Widrigkeiten zum Trotz dieses Ziel hartnäckig verfolgt und schließlich, als praktisch keine Zeit und kein Geld mehr verblieben sind, zum Erfolg gelangt.
Maja Nielsen hat dieses Buch in der Tradition ihrer Sachbuch-Reihe "Abenteuer und Wissen" verfasst, indem sie eine historische Persönlichkeit und einen zeitgenössischen Abenteurer betrachtet, deren Leben miteinander in Verbindung stehen. Besonders spannend wirkt der Band aufgrund der Wechsel zwischen den Informationen zu Henry Morgan, der Katastrophe seines Schiffs, seinen Beutezügen sowie der Lebensweise der Piraten seiner Zeit und der Vita von Rick Haupt, einem früheren Hotelbesitzer, der im Wracktauchen seine wahre Bestimmung gefunden hat. Wenn der Leser den Wendepunkt in Rick Haupts Leben erreicht hat, an dem dieser sich unverbrüchlich in den Kopf setzt, das Wrack der "Oxford" zu finden, hat er bereits genug über den Piraten Henry Morgan erfahren, um Verständnis für den Taucher aufzubringen.
Parallelen zwischen den beiden Protagonisten zeigen sich in der Gefährlichkeit ihres Tuns, denn wenn Rick Haupt auch moderne Technik einsetzen kann und jedenfalls kein hochexplosives Schwarzpulver an Bord hat wie der personifizierte "Fluch der Karibik", muss er doch angesichts des gewaltigen Wellengangs beim Tauchen sein Leben für seinen Lebenstraum riskieren. Wie in allen ihren Büchern gelingt es der Autorin auch hier, dem Leser nahezubringen, dass der Beruf des Abenteurers keineswegs ausgestorben ist. Gerade auf Kinder und Jugendliche wirken solche Expeditionen natürlich besonders mitreißend.
Das Buch ist mit vielen Infokästen versehen, die außer Hintergrundinformationen auch eine Reihe interessanter Details zum Thema Piraterie enthalten. Darüber hinaus besticht das Buch durch die zahlreichen Illustrationen, teils Fotos, teils Zeichnungen oder Reproduktionen von Gemälden. Man findet darauf die Persönlichkeiten, von denen das Buch handelt, die Unterwasserwelt der Karibik, natürlich auch Wrackteile, Karten der Regionen der Karibik und Südamerikas, in denen Morgan aktiv war, und reichlich Abbildungen, die sich mit dem Leben der Piraten befassen. Layout, Gliederung und Verarbeitung entsprechen dem hohen Niveau der gesamten Reihe.
Ganz ohne Grausamkeit kommt das Buch selbstverständlich nicht aus, doch Kinder ab acht Jahren kommen mit der rauen Welt der Piraten durchaus zurecht. Ein größeres Problem könnte der Umstand darstellen, dass die Eltern das Buch womöglich nach kurzem Durchblättern erst einmal für sich selbst beanspruchen, denn es ist auch für Erwachsene spannend zu lesen.