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UnLondun ist, wie man vielleicht schon am Namen erkennt, der düstere Widerpart der britischen Metropole London; eine Stadt tief unter der Stadt, in der alles, was über der Erde kaputt oder verloren geht - Regenschirme, Kühlschränke, Grammophone und so weiter - eine zweite Chance bekommt und ein Eigenleben entwickelt. In diese bizarre Gegenwelt verschlägt es die Freundinnen Zanna und Deeba. Denn sie werden gebraucht: Ein mächtiger Feind droht UnLondun zu vernichten, und nur die Mädchen aus der Oberstadt können sie retten. Dazu freilich müssen sie sich zahlreichen Gefahren entgegenwerfen: Zyklopbrummern (riesigen Schmeißfliegen), Miefschniefern (vom Smog betäubte Menschen mit Plastik-Elefantenrüsseln) und laufenden Regenschirmen ...
China Mièville, Autor der international beachteten Bas-Lag-Reihe ("Perdido Street Station"), beschäftigt sich auch in seinem neusten Buch mit dem Topos Stadt, diesmal freilich im Gewand eines überdrehten Kinderbuchs. "UnLondun" verkehrt urbane Phänomene wie Smog, Überbevölkerung, Verkehrchaos und Verslummung ins Phantastische; die beiden Heldinnen lernen die Stadt, in der sie leben, aus einer gänzlich neuen Perspektive kennen. Dabei ist UnLondun nicht das negative Zerrbild von London, sondern vielmehr das fantastische Gegenstück; und hier wie dort zählen Freundschaft und Mut letztlich mehr als eine rein materialistische Geisteshaltung, die alles Unbrauchbare dem Verfall preisgibt.
Natürlich zügelt Miéville für dieses Kinderbuch seinen barocken Stil erheblich, und so präsentiert sich "UnLondun" in einer schlichten, aber wirkungsvollen Sprache, die oft malerisch, oft flott daherkommt. Auch erwachsene Leser werden daran ihre Freude haben. Der fantasievolle Inhalt tut sein Übriges, um "UnLondun" zu einem mehr als gelungenen Kinderbuch zu machen. Sicherlich einer der schönsten neuen Titel im Lübbe-Fantasyprogramm, der viele Leser verdient - und auch jene, die mit den Bas-Lag-Romanen nicht so viel anfangen konnten, sei ein Blick in diesen gelungenen Roman empfohlen.