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Mit "Spymaster" erschien im Frühjahrsprogramm des Heyne-Verlags ein klassischer Agententhriller, der bei der amerikanischen Leserschaft bereits gut ankam. In den USA erschien das Buch unter dem Titel "The last Spymaster".
Charles "Jay" Tice war bereits während seiner Dienstzeit beim amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA eine Legende. Er war vielfach als verdeckter Agent und Teamleiter im Außendienst, später dann der zweithöchste Mann bei der Central Intelligence Agency. Lange nach dem Ende des Kalten Krieges stellt sich jedoch heraus, dass Jay Tice nicht nur erfolgreich für die CIA, sondern auch für den sowjetischen Geheimdienst KGB am Werk war. Es folgt die Inhaftierung in einem berüchtigten Hochsicherheitsgefängnis, wo sich der ehemalige Agent gut einfügt und unauffällig bleibt. Verschiedene Ereignisse führen allerdings dazu, dass der vielseitige Tice die Flucht ergreift und somit zu einer Gefahr für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten wird. In Ermangelung besserer Alternativen wird die kaltgestellte Jägerin Elaine Cunningham auf ihn angesetzt. Doch schnell merkt die ambitionierte Frau, dass hinter der ganzen Geschichte mehr steckt ... Parallel zu diesen Ereignissen verunglückt ein junger Deutscher in der Schweiz bei einem tragischen Ski-Unfall. Seine Mutter glaubt jedoch nicht an die offiziellen Verlautbarungen und stellt ihre eigenen Nachforschungen an ...
Die Autorin hat mit "Spymaster" einen 544 Seiten umfassenden, hochdynamischen Roman vorgelegt, der sich wie ein rasanter Actionfilm liest. Dem Leser wird der Einstieg in die Welt der Geheimdienste sehr leicht gemacht; der Autorin ist es gelungen, die Organisation dieser von vielen Mythen umrankten Dienste gut nachvollziehbar darzustellen. Auf diesem Fundament aufbauend, versäumt sie es dann allerdings, ihre Charaktere grundlegend in die Handlung einzuführen. Etwas lieblos wird der Leser mit den Protagonisten vertraut gemacht. Das liest sich anfangs holperig, die Geschichte nimmt aber schnell Fahrt auf und die Ereignisse überschlagen sich förmlich. Hierbei bleiben die Handlungsträger leider blass, da die Geschichte nur wenig Raum für die persönlichen Verstrickungen der Protagonisten lässt. An dieser Stelle gibt es dafür umso mehr Platz für Spekulationen über die Vergangenheit und die tatsächlichen Begebenheiten rund um die Arbeit der Agenten.
Die Handlung wird stetig vorangetrieben, nur selten kommt der Leser zum Verschnaufen. Diese hohe Ereignisdichte trägt dann auch ganz entscheidend zur Spannung des Romans bei. Durch den geschickten Einsatz von Cliffhangern verleiht die Autorin der Story eine besondere Dynamik. Zum Ende des spannenden Agententhrillers lässt die Spannung ein wenig nach und man merkt, dass sich Gayle Lynds in erster Linie um das Auflösen der offenen Fragen bemüht hat. So wirkt der Roman etwas unausgeglichen - zwei Drittel des Buches geht es stetig zur Sache und am Ende wird ein wenig auf die Tränendrüse gedrückt und ein kleiner "oha"-Effekt eingebaut. So bleibt ein fader Beigeschmack und man wünscht sich, die Autorin hätte mehr Ausdauer bewiesen und dem Roman ein solideres Ende spendiert.
Mit "Spymaster" erhält der Leser einen unterhaltsamen Spionagethriller, der sich vor der Konkurrenz nicht zu verstecken braucht. Viel Action, knackige Dialoge und eine komplexe Handlung sind genauso kennzeichnend für den Roman wie die oberflächlichen Charaktere und ein etwas enttäuschendes, liebloses Ende. Wer die Agententhriller von Robert Ludlum gern gelesen hat, darf auch bei diesem Buch bedenkenlos zugreifen.