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 Fabian

Die Geschichte eines Moralisten


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Eigentlich sollte der 1931 veröffentlichte Großstadtroman Kästners den Titel "Der Gang vor die Hunde" tragen, um bereits durch den Buchumschlag allen Missverständnissen bezüglich der Absicht des Romans vorzubeugen. Die Verleger wünschten sich jedoch einen anderen Titel und so kennen wir den Roman nun unter dem weitaus schlichteren Namen "Fabian. Die Geschichte eines Moralisten". Dr. Jakob Fabian, Doktor der Literaturgeschichte und Wahlberliner, ist selbsternannter Moralist und passiver Beobachter seiner Zeit. Weil Arbeit aufgrund der weltweiten Wirtschaftskrise Mangelware ist, arbeitet Fabian notgedrungen für ein lachhaftes Gehalt als Propagandist für eine Zigarrenfirma. Seine freie Zeit verbringt er in den unterschiedlichsten Etablissements Berlins, stets versucht er, seinem moralischen Anspruch gerecht zu werden und lediglich als Beobachter an dem wilden Treiben teilzuhaben. Dass dies nur Wunschdenken sein kann, muss Fabian im Laufe der Zeit schmerzlich erfahren.

Kästner, der vielen wohl eher als Kinderbuchautor bekannt ist, schuf mit "Fabian" ein eindrucksvolles Werk im Stil der Neuen Sachlichkeit. Ein Porträt des ‚Weimarer Berlins’, das Anfang der 1930er Kopf zu stehen schien. In beide Richtungen schien alles denkbar, alles möglich zu sein. Der Zug war noch nicht abgefahren, das Leben keine moralische Einbahnstraße. Zumindest ist es das, was Jakob Fabian zu hoffen wagt, und mit ihm der Leser, der den hoffnungslos verlorenen Moralisten auf seinen (Ab)Wegen durch das Berliner Nachtleben mit einem ständigen Lächeln auf den Lippen begleitet.

Das Schulmeistern lag Erich Kästner nicht besonders und doch fühlte er sich als Moralist - wie er sich selbst bezeichnete - verpflichtet, seine Beobachtungen und Erlebnisse in eben dieses Buch einfließen zu lassen, als Warnung.

Dass seine Warnungen von den einen ungehört und von den anderen missverstanden wurden, zeigten die Jahre zwischen 1933 und 1945, die mit diesem Buch nicht vorausgesagt worden sind. Vollkommen überraschend dürften diese Ereignisse jedoch nicht über Deutschland hereingebrochen sein. In "Fabian" durfte man noch über die Nationalsozialisten lachen. Zusammen mit seinem besten Freund, Labude, transportiert Fabian einen Nationalsozialisten - den eine Pistolenkugel in einer sehr privaten Stelle getroffen hat - zusammen mit einem ebenfalls angeschlagenen Kommunisten, der für die höchstpeinliche Lage von ebendiesem Nationalsozialisten verantwortlich ist, ins nächste Krankenhaus.

"Fabian" ist mit Sicherheit kein Stückchen ‚Realität’ im eigentlichen Sinne, sondern spiegelt ein stark überzeichnetes Bild jener Zeit und jener Menschen wider. Mit dem feinfühligen und ehrlichen Blick eines Satirikers hüllt er seine Warnung in ein leichtes sprachliches Gewand voller Ironie, dem man seine nunmehr fast schon achtzig Jahre nicht im Geringsten anmerkt, so dass sich das Buch auch heute noch flüssig lesen lässt.

Neben dem eigentlichen Roman enthält diese Ausgabe zusätzlich noch den von Kästner am 27. Oktober 1931 in der ‚Weltbühne’ veröffentlichten Aufsatz "Fabian und die Sittenrichter" sowie ein von der Zensur aus dem Roman gestrichenes Kapitel.

Anja Mikolajek



Softcover | Erschienen: 01. Januar 2008 | ISBN: 9783423191180 | Preis: 10 Euro | 267 Seiten | Sprache: Deutsch

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