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Seit Ende Februar 2008 ist der neue "Atlas der Globalisierung - spezial:
Klima" der Zeitschrift "Le Monde
diplomatique" erhältlich. Er bietet mehr als einhundert aktuelle Karten und Schaubilder, die es dem Leser ermöglichen sollen, die Debatte rund um die Themen "Klimawandel", "Umweltzerstörung", "Artenschwund" und "Ressourcenverschwendung" verfolgen zu können und zu einem eigenen, fachlich fundierten Standpunkt zu gelangen.
Die Karten- und Materialsammlung gliedert sich in zwei Bereiche. Im ersten Teil wird eine Bestandsaufnahme der negativen Entwicklungen versucht, im zweiten Teil werden Möglichkeiten, die nach Meinung der Autoren die Menschheit hat, den negativen Trends entgegenzuwirken, aufgelistet.
Die ersten fünfundzwanzig Doppelseiten befassen sich mit so unterschiedlichen Themen wie "Degradierung der Böden", "Preis der Mobilität", "Flächenfraß", "Das sechste Massensterben der Erdgeschichte", "Wasserknappheit", "Hochseefischerei" und "Die steigende Verbreitung von Nano-Teilchen". Dabei wird jedes Thema mit einem längeren Text, einer oder zwei Weltkarten und mehreren Grafiken, Tabellen und Diagrammen umrissen.
Auffallend dabei ist zunächst die extreme Komplexität der Grafiken und Weltkarten. Hier wird auf kleinstem Raum versucht, möglichst viele Informationen unterzubringen. Darunter leidet die Verständlichkeit. Nicht selten muss man minutenlang die Legende studieren und die verschiedenen Kategorien im Geiste nachvollziehen, ehe sich ein Grundverständnis der Karte herausbildet. Dem Laien und nicht universitär oder autodidaktisch mit solcherart Karten und Tabellen vertrauten "Semifachmann" fällt es dabei sehr schwer die Grundaussage zu verstehen und Trends und Wertungen nachzuvollziehen. So beginnt der Kartenmarathon mit einer Weltkarte, die die Größenverformung der Erde aufzeigt, wenn man den "ökologischen Fußabdruck" zu Grunde legt. Dieser Fachbegriff erschließt sich allerdings erst, wenn man den Text gelesen hat und die Karte länger studiert. Aus der Legende und den wenigen Angaben, die auf der Karte zu lesen ist, kann man weder verstehen, was dieser "Fußabdruck" ist, noch was sein Verbrauch pro Kopf in Hektar aussagt. Noch weniger kann man die Verformung der Karte deuten oder in nutzbare Aussagen übersetzen.
Noch etwas fällt bereits in diesem ersten Kontakt mit den Themen und Meinungsbildern, die in diesem "Atlas der Globalisierung" angebahnt werden, auf: Die Zielrichtung ist sehr kritisch, lässt keinen Raum für Widerspruch und ist nicht unbedingt objektiv - und versucht es auch nicht zu sein. Aussagen wie "Die Erde verkraftet knapp zwei Milliarden Menschen mit gehobenem Lebensstandard" oder dass "bereits in den 80er-Jahren der ökologische Fußabdruck der Menschheit größer als der Planet selber ist" sind - da sie als Tatsache, die nicht hinterfragt wird, dargestellt werden - zumindest fragwürdig.
Doch abseits dieser eher politischen Zielrichtung und "Meinungsmache" ist dieser Atlas ein Quell der Information und Überraschung. Unzählige Informationen kann man gewinnen, die man so noch nicht einordnen konnte, viele der täglichen Berichte und Aussagen werden verständlicher und lassen sich klarer abgrenzen und ob ihres Wahrheitsgehalts gewichten.
Vor allem der zweite Teil des Atlasses, in dem positive Entwicklungen in einzelnen Ländern oder Regionen vorgestellt werden, die dem allgemeinen Trend der Umweltzerstörung und Ressourcenverknappung entgegenwirken, ist sehr interessant.
So wird erläutert, wie sich Schweden ölfrei machen will, warum in Indien die erneuerbaren Energien boomen, dass Müll heutzutage wertvoller Rohstoff ist, wie in New York auf Natur und nicht Technik gesetzt wird, und Dongtan, eine chinesische Ökostadt, wird vorgestellt.
Fazit des zweiten Teils ist die Möglichkeit jedes einzelnen Menschen, etwas zu tun und die Welt etwas weniger der Zerstörung anheim fallen zu lassen. Auch der Politik wird der Spiegel vorgehalten und sie wird durch die Beispiele, die weltweit gesammelt wurden, dazu angehalten, selbst etwas zu tun und den Trends entgegen zu wirken.
Der "Atlas der Globalisierung" ist der Versuch einer Bestandsaufnahme und eine Warnung, viele Dinge anders zu sehen und vor allem anders zu machen. Er gibt unzählige Informationen an die Hand. Leider sind diese nur schwer zu erlangen und aus den Karten und Grafiken herauszulesen. Zumindest erfordert es viel Mühe und Zeit vom Leser. Zudem muss immer wieder die Neutralität und Objektivität der Daten und ihre Aufarbeitung bezweifelt werden. Doch bleibt dieser Atlas dennoch ein wichtiger Versuch in der Flut der Meldungen und Untergangsszenarien, die einem tagtäglich in den Nachrichten begegnen, einen eigenen, fundierten Standpunkt zu gewinnen.