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 Ferdinand Hodler - Unendlichkeit und Tod

Monumentale Frauenfiguren in den Zürcher Wandbildern


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis


Der Schweizer Maler Ferdinand Hodler (1853-1918) ist einer der bedeutendsten europäischen Maler zwischen Realismus, Symbolismus und Moderne. Sein umfangreiches Werk war aufgrund biographischer und politischer Gründe lange Zeit vor allem in der Schweiz geschätzt. Derzeit wird es aufgrund seiner Vielfalt, Bedeutung und Originalität wiederentdeckt, was auch die vorliegende Veröffentlichung zeigt.

Hodlers symbolistische Vision ist die einer großen harmonischen Einheit von Mensch und Natur. Seiner Meinung nach besteht die Sendung eines Künstlers darin, das Ewige in der Natur auszudrücken, nämlich die Schönheit, und zwar die wesentliche Schönheit. Sie findet bei ihm ihren Ausdruck in monumentalen Figurenkompositionen und in stilisierten Landschaftsbildern von schroffen Berggipfeln und spiegelnden Seen.

Mit zweien seiner Werke setzte sich die Kunsthistorikerin und Autorin Gabriela Christen in der vorliegenden Veröffentlichung, ihrer Doktorarbeit, auseinander. Sie untersucht die Entstehungsgeschichte von Blick in die Unendlichkeit und Floraison. Die Bilder zeigen Frauengestalten in langen Gewändern vor einem weiten, nicht näher definierten Hintergrund in einer rhythmisch tänzerischen Bewegung. Das endgültige Motiv von Floraison stand beim Tod Hodlers noch nicht fest. Blick in die Unendlichkeit war geplant für die Aula des Zürcher Kunsthauses und Floraison für die Zürcher Universität vorgesehen, Architekt beider Gebäude ist Karl Moser.

Der erste Teil des Buches beschäftigt sich vor allem mit der Auftragsvergabe und der Beziehung zwischen Maler und Architekt. Hier werden die Historie der beiden Bilder erläutert und die Skizzenbücher ausführlich analysiert. Die nächsten Kapitel widmet die Autorin den Ölfassungen der Gemälde sowie Grundfragen der Monumentalmalerei bei Hodler, die jeweils noch wenig erforscht sind. Sie geht auf die verschiedenen Modelle des Malers ein, zu denen auch seine Frau Berthe Hodler gehörte, und erörtert in einem Essay die "Ästhetik des Modells". Diese wird nach Christen mit der Arbeit an Blick in die Unendlichkeit und Floraison zum primären Anliegen von Ferdinand Hodler. Ebenso finden die verschiedenen Bedeutungsebenen des Bildes Blick in die Unendlichkeit Raum. Ergänzend untersucht die Autorin die Bedeutung Hodlers als "Frauenmaler" und setzt ihn in Bezug zu zeitgenössischen Künstlern, etwa Jeff Wall oder Valie Export.

Das Buch enthält eine ausklappbare Farbtafel mit verschiedenen Fassungen von Blick in die Unendlichkeit und weitere Farbtafeln zur Geschichte des Bildes sowie die Einordnung in das Werk Hodlers. Gezeigt werden Fotos der Skizzenbücher und ebenso Aufnahmen des Künstlers im Atelier und während der Arbeit. Ein Verzeichnis von Abbildungen und Abkürzungen sowie eine Bibliographie und eine Liste von Ausstellungskatalogen schließen das Buch ab.

Die Autorin hat sich nicht nur umfassend mit der Historie der Bilder auseinandergesetzt, sondern ebenso ausführlich mit der Maltechnik Hodlers. Das Buch enthält reichlich Material aus verschiedenen Archiven, einem Forschungsprojekt zu Ferdinand Hodler und auch aus den Tagebüchern und Akten des Architekten Karl Moser. Diese geben deutlich Auskunft zu der Entstehungsgeschichte der Bilder und auch über die Beziehung zwischen dem Architekten Karl Moser und dem Maler Ferdinand Hodler. Beide Bilder waren für Gebäude bestimmt und so fehlen auch Grundrisse und Fotos derselben zur Erläuterung nicht. Die Autorin hat all dieses Material gesichtet und systematisiert, für den Leser aufgearbeitet und ansprechend präsentiert.

Sehr aufschlussreich sind die Skizzenbücher, welche die Arbeitsweise Hodlers deutlich machen. Auch hier kann der Leser anhand der zahlreichen Fotos die Entwicklung von Bildmotiv und Komposition und die ersten Frauenstudien nachverfolgen. Gabriela Christen erörtert ausführlich, welche Bedeutung das Medium Zeichnung für den Maler hat, und beschreibt dessen Arbeitsprozess. Sie macht Hodlers Auffassung vom Modell und der Malerei überhaupt deutlich und sichtbar und stellt diese in einen allgemeinen Kontext. Sie beschreibt ebenso sein Ringen um ein Bildthema in den verschiedensten Stufen der Erarbeitung und in der Auseinandersetzung mit den Auftraggebern und dem Architekten. Dabei versteht sie es, den Inhalt interessant und anschaulich zu vermitteln, und das Buch so einem weiten Interessentenkreis zugänglich zu machen. Die Breite und Tiefe des Buches sind Zeugnis für die intensive Beschäftigung mit dem Thema und ihre Leidenschaft für den großen Maler, dessen "Hören und Schauen auf ein Jenseitiges" sich als Leitmotiv in seinem ganzen Werk erkennen lässt.

Dies alles beweist einmal mehr die Einzigartigkeit, Größe und Bedeutung des Malers Ferdinand Hodler auch heute noch. Das Buch richtet sich an alle, die sich für die Arbeit Hodlers interessieren und für den Entstehungsprozess eines Bildes ganz allgemein, von der Idee zur Auftragsvergabe, der Ideensuche bis zur Realisierung.

Sabine Seip



Softcover | Erschienen: 01. Dezember 2007 | ISBN: 9783496013778 | Preis: 49,00 Euro | 254 Seiten | Sprache: Deutsch

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