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Die Al-Azhar-Universität in Kairo ist das Zentrum islamischer Gelehrsamkeit und genießt unter sunnitischen Muslimen höchste Autorität in Fragen des Glaubens und der Scharia. Dass ein Professor dieser Institution vom Islam abfällt und zum Christentum konvertiert, geschieht nicht alle Tage. Mark A. Gabriel, der diesen Namen erst seit seiner Konversion trägt, hat eben dies getan und schildert in den ersten Kapiteln seines Buches die Geschichte seiner Bekehrung:
Er war als Islamgelehrter zu der Erkenntnis gelangt, dass islamistische Terroristen genau das praktizieren, was der Islam von ihnen verlangt. Als er seine Zweifel am Islam öffentlich machte, wurde er von der Universität entlassen und von der ägyptischen Geheimpolizei verhaftet und gefoltert. Als er sich nach seiner Freilassung zum Christentum bekehrte, versuchte sein eigener Vater, ihn zu töten. Er floh aus Ägypten und lebt heute in den USA.
Im Hauptteil seines Buches zeigt Gabriel die Wurzeln von Gewalt und Terror im islamischen Glauben auf, speziell im Koran und in den Überlieferungen aus dem Leben des Propheten (Hadith). Er weist nach, dass das Konzept des "Djihad" für den Islam zentral ist, dass die primäre Bedeutung dieses Wortes tatsächlich "Heiliger Krieg" im Sinne von "Krieg für den Islam" ist, dass in den Medien vielfach verbreitete anderslautende Darstellungen auf Wunschdenken beziehungsweise bewusster Lüge beruhen, und dass der Islam weder Religions- noch Redefreiheit zulässt.
Die tiefsten Wurzeln dieses Hanges zur Gewalt sieht er in der beduinischen Stammeskultur, die zu Mohammeds Zeiten von Gewalt, Rache und Kompromisslosigkeit geprägt war und vom Islam nicht etwa gebändigt, sondern mit sakraler Weihe versehen wurde; zumal der Prophet es in seinem eigenen Leben an Gewalttätigkeit nicht fehlen ließ und sein Verhalten zur Grundlage des islamischen Rechts wurde. In dieser Form, das heißt als politische, auf Unterwerfung Andersgläubiger zielende Religion, wurde der Islam prägend für die Mentalität muslimischer Völker.
Gabriel betont dabei, dass die meisten Muslime nicht fundamentalistisch, sondern traditionell beziehungsweise säkular orientiert sind; da dies aber theologisch inkonsequent ist, bringt der Islam zwangsläufig und zu allen Zeiten eben auch Extremisten und Fanatiker hervor, die als solche die reine Lehre auf ihrer Seite haben.
Im letzten Abschnitt des Hauptteils zeichnet er die Entwicklung der Djihad-Ideologie und ihrer terroristischen Praxis im zwanzigsten Jahrhundert speziell in seiner ägyptischen Heimat nach.
Der Autor zeigt sich überzeugt, dass islamischer Extremismus und Terrorismus ebenso lange existieren werden wie der Islam selbst. Er fordert nicht weniger als die Missionierung der Muslime und ihre Bekehrung zum Christentum. Im Schlussteil gibt er ausführliche Empfehlungen für Missionare.
Vermutlich muss man schon sehr vom Glauben an den Heiligen Geist durchdrungen sein, um eine Massenbekehrung von Muslimen zum Christentum für realistisch zu halten. Freilich geht es dem Autor in diesem Zusammenhang nicht um Extremismusbekämpfung oder überhaupt um Politik. Was ihm in diesem Schlussteil die Feder führt, ist vielmehr der verständliche Wunsch, die religiöse Erfüllung, die er selbst im Christentum gefunden hat, auch seinen ehemaligen Glaubensbrüdern zuteil werden zu lassen. Seine freimütigen religiösen Bekenntnisse - in Amerika etwas völlig Normales - mögen auf manchen europäischen Leser befremdlich wirken, schmälern aber in keiner Weise den Wert seines Buches:
Da der Autor den autobiographischen, den analytischen und den religiösen Teil seines Werkes sauber voneinander trennt, ist "Islam und Terrorismus" keineswegs nur für fromme Christen von Interesse.
Wertvoll ist es insbesondere für Leser, die den Islam nicht oder nur in einer verfälschten, politisch korrekt weichgespülten Version kennen, in der das zentrale Konzept des Djihad ausgeblendet beziehungsweise zum bloß geistigen Kampf gegen den inneren Schweinehund verniedlicht wird.
Leser, die mit der Materie schon sehr vertraut sind, werden sich an vielen Stellen mehr Ausführlichkeit und Gründlichkeit bei der Darstellung der islamischen Lehre wünschen - gerade aus der Feder des dazu berufenen Islamgelehrten; wohingegen die Darstellung des ägyptischen Djihad-Terrorismus allzu viel Ereignisgeschichte liefert, die man auch anderswo nachlesen könnte, und an analytischem Gehalt deutlich hinter den Abschnitten zurückbleibt, die sich der islamischen Theologie und der Scharia widmen.
Dennoch wird auch der einschlägig vorgebildete Leser manch Neues und Nachdenkenswertes finden: etwa dort, wo der Autor das Wirken des Propheten anhand eines Drei-Phasen-Modells als Blaupause auch für alle späteren Islamisierungsprozesse interpretiert.
Fazit: Ein Buch, das man gelesen haben sollte, wenn man sich für den Zusammenhang von Islam, Islamismus und Terrorismus interessiert.