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Pauline ist bedient. Wie konnte sie nur auf die Idee kommen, mitten in der Bretagne für ihr Examen in Wirtschaftswissenschaften in zwei Wochen zu üben. Erst springt die dämliche Ente ihrer Freundin nicht an, dann lässt sich der Waldschrat, der ihr die Karre angeschoben hat, auch noch mitnehmen. Und nun bleibt sie vor dem Haus dieses bretonischen Hinterwäldlers liegen und hat kein Benzin mehr im Tank. Und die Nacht ist auch noch bitterkalt. Obwohl Pauline keine Lust hat, den Kerl um einen Gefallen zu bitten, betritt sie dessen Haus, um die Nacht im Warmen zu verbringen.
Und was macht dieser Typ? Er legt sich in sein bequemes Bett und lässt ihr den alten, staubigen Sessel. Doch damit nicht genug, erzählt ihr der junge Bretone Erwan auch noch etwas von einem "Meister", den er am Morgen besuchen will und vom "Kleinen Volk". Der hat ja nicht mehr alle Meisen unter dem Pony. Und nun will dieser Erwan sie auch noch allein in diesem einsamen Haus zurücklassen. Nicht mit ihr. Pauline begleitet Erwan zu seinem Meister, der sich als uralter, nicht sehr entgegenkommender, langbärtiger Greis entpuppt. Zu allem Überfluss will er auch noch Erwan auf eine Reise zum "Kleinen Volk" schicken.
Pauline, ungläubig und lästernd, wird vom Meister kurzerhand durch ein Elixier, das er ihr in die Augen tropft, in ein fremdes Land versetzt. Zu Paulines maßlosem Erstaunen scheint es das "Kleine Volk" tatsächlich zu geben und der Tropfen Flüssigkeit des Meisters öffnet tatsächlich eine Tür zwischen den Welten. Dummerweise lässt Pauline Sekunden bevor die Wirkung des Mittels nachlässt ihre Brille fallen. Dann verschwindet Erwan wie angekündigt und der Meister wendet sich zum gehen. Aber nicht mit Pauline. Sie schnappt sich die Pipette und träufelt sich zum Entsetzen des Meisters ein wenig davon in ihr Auge und findet sich inmitten einer Stadt wieder, die von den seltsamsten Wesen bevölkert wird. Sofort macht sie sich auf die Suche nach Erwan. Pauline ahnt nicht, dass der eine Tropfen "Tränen der Bienen" sie diesmal zehn Tage in dieser Welt verleben lässt und das zu Hause in ihrer eigenen Welt zwei Jahre vergehen werden, ehe sie wieder durch die Tür zurück kann.
Wer das Coverbild des Albums "Die Tränen der Bienen", dem ersten Teil aus der Serie "Der große Tod" länger betrachtet, ahnt bereits, dass der Inhalt ein wenig anders sein wird, als bei allen anderen Alben in der letzten Zeit. Zu sehen ist eine hübsche junge Dame, die ein sehr seltsames Wesen auf den Schultern durch ein undefinierbares, orangefarbenes Feld trägt. Sie hinterlassen in den seltsamen Pflanzen eine klare Spur, ansonsten ragen nur kahle Baumstümpfe in den Himmel. Immer wieder irrt der Blick zwischen dem Orange der Vegetation und dem hellblauen Wesen hin und her, streift den zum Betrachter ragenden Ast und verweilt kurz auf den Zügen der Frau.
Garant für eine abgedrehte, humorvolle und unkonventionelle Story ist Autor Loisel, zuletzt mit einer Neuinterpretation von "Peter Pan" aufgefallen, und Zeichner Mallié. Auch der Serientitel "Der große Tod" und der Albumtitel "Die Tränen der Bienen" wirken sonderbar und vielversprechend.
Um so überraschender beginnt dieses Album völlig unauffällig. Eine junge Dame, mit Leib und Seele Städterin und unabhängige Studentin, will für zwei Wochen Landluft schnuppern, um ihre Unterlagen für ein Examen in Wirtschaftswissenschaften zu korrigieren und zu studieren. Doch es kommt anders, ganz anders, als die Frau sich das denkt und als der Betrachter des Albums erwartet. Schnell wird klar, dass sich Schicksalhaftes zusammenbraut über Erwan und Pauline, die bald entgegen ihrer anfänglichen Abneigung aufeinander angewiesen sind.
Doch neben dem Witz der Dialoge, dem wundervollen Tableau der Bilder und den herrlich komischen Szenarien, die sich entwickeln, ist es die innere Spannung der Handlung, die zunächst diffus und indirekt, später aber immer klarer, zutage tritt. Es braut sich im wahrsten Sinne des Wortes etwas zusammen über den Protagonisten. Der wirkliche Knalleffekt aber erwartet Pauline und Erwan erst auf der allerletzten Seite dieses Abenteuers, dass man innerlich aufgewühlt, erheitert und sehr zufrieden zur Seite legt.
Bleibt nur zu hoffen, dass die Fortsetzung dieses Abenteuers nicht zu lange auf sich warten lässt, denn Antworten hat man im ersten Teil nicht erhalten.