Über die Qualität der Bildung in Deutschland wird nicht erst seit gestern diskutiert. Spätestens seit den PISA-Studien aber ist das Thema verstärkt in die öffentliche Debatte gelangt. Auch im Fach Deutsch, und hier insbesondere im Bereich der Rechtschreibleistungen, wurden Defizite aufgezeigt, was Rufe nach adäquaten Test- und Diagnosemöglichkeiten lauter werden ließ. Der vorliegende Sammelband "Diagnostik von Rechtschreibleistungen und -kompetenz" aus der "Tests und Trends"-Reihe von Hogrefe widmet sich verschiedenen Verfahren zur Überprüfung von Rechtschreibleistungen und deren Auswertung zur Förderung von rechtschreibschwachen Kindern.

Das Buch besteht aus neun Beiträgen verschiedener Verfasser, die sich jeweils mit unterschiedlichen Testverfahren für bestimmte Altersstufen beschäftigen. Im Einzelnen werden die Deutschen Rechtschreibtests für das Grundschulalter (DERET 1-2 und DERET 3-4), der Weingartener-Grundwortschatz-Rechtschreib-Test (WRT), die Hamburger Schreibprobe (HSP), der Salzburger Lese- und Rechtschreibtest (SLRT) und die Würzburger Rechtschreibtests (WÜRT) als Einzeltests sowie das erste Gruppentestverfahren zur phonologischen Bewusstheit (PB-LRS) vorgestellt und diskutiert. Außerdem sind zwei Beiträge vorhanden, die testübergreifend die Entwicklung der Rechtschreibkompetenz in den vergangenen Jahrzehnten und die Möglichkeiten zur Erfassung der Leistungen im Jugend- und Erwachsenenalter behandeln. Zum Abschluss findet sich ein Anhang, in dem tabellarisch die wichtigsten Rechtschreibtests, deren Anwendungsgebiete, Dauer sowie das Erscheinungsdatum aufgelistet werden.

Es ist ein Thema, das Politik und Gesellschaft auf den Nägeln brennt: Die Leistungen der deutschen Schüler werden vermeintlich zunehmend schlechter. Wichtige Instrumente zur Erfassung der tatsächlichen Situation liefert die pädagogisch-psychologische Diagnostik. Zudem ist sie in der Lage, die Ergebnisse zu analysieren und gezielte Fördermöglichkeiten aufzuzeigen. Der Band "Diagnostik von Rechtschreibleistungen und -kompetenz", im Grunde eine Aufsatzsammlung, beschäftigt sich speziell mit den Fähigkeiten und Ergebnissen im Fach Deutsch. Dabei weist die Qualität der Beiträge erwartungsgemäß Unterschiede auf, die jedoch erfreulich gering ausfallen: Die einzelnen Tests werden gewissenhaft und sehr genau unter die Lupe genommen. Hier zeigt sich eine ausgesprochene Spaltung in textlastigere Passagen, die die Tests selbst und die Ergebnisse zum Thema haben, und tabellenreiche Abschnitte, in denen empirische Überprüfung, Validitätsfragen und eventuelle Normabweichungen erörtert werden. Es soll also erwähnt werden, dass man schon ein fundiertes statistisches Grundwissen mitbringen sollte, wenn man alle Teile des Buches verstehen und nutzen will. Während die fachliche und inhaltliche Qualität des Bands als sehr hoch einzustufen ist, kann selbiges im Bezug auf den Schreibstil nicht gerade behauptet werden. Sicher, es handelt sich um ein ausgesprochenes Fachbuch, das Thema ist eher trocken und Abbildungen bieten sich auch nur sehr bedingt zum Einsatz an - dennoch hätten es manche Verfasser Einsteigern mit einfacher strukturierten Sätzen und mehr Erklärungen leichter machen können. Unverzeihlich, selbst für ein hauptsächlich von wissenschaftlich vorgeprägten Lesern rezipiertes Buch, ist es, dass manche Abkürzungen überhaupt nicht erklärt werden. Negativ verstärkt wird der in dieser Hinsicht etwas unausgegorene Eindruck durch grobe Lektoratsschnitzer. Gerade das zweite Kapitel darf man sich bei Hogrefe für eine eventuelle Neuauflage noch einmal vornehmen, denn selbst wenn man von den Rechtschreib- beziehungsweise Tippfehlern absieht, fällt zumindest auf, dass darin ein ganzer Absatz doppelt auftaucht - und das darf in einer derartigen Veröffentlichung eigentlich nicht passieren. Glücklicherweise sind die anderen Beiträge besser redigiert und somit auch flüssiger zu lesen.
Abschließend bleibt zu sagen, dass "Diagnostik von Rechtschreibleistungen und -kompetenz" vor allem für praktizierende Diagnostiker und fachlich vorgebildete Studenten empfehlenswert ist. Auch Pädagogen könnten einen Versuch wagen, wenn sie an einem Blick über den Tellerrand des Alltags interessiert sind. Die bereits genannten Schwächen trüben den Lesefluss zwar merklich, die inhaltliche Klasse bleibt jedoch selbstverständlich erhalten.

Fazit: Ein fachlich kompetenter, schwer verdaulicher Sammelband, der stilistisch und strukturell keine Glanzlichter setzen kann.