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Das Buch "Die Völkerwanderung" ist als Sonderheft 2005 der Zeitschrift "Archäologie in Deutschland" erschienen. Wobei dieses hochwertige Buch (Hardcover und 104 Seiten Hochglanzpapier) sicher nicht als Heft bezeichnet werden kann. Es richtet sich eher an ein Fachpublikum, da die neueren Forschungsergebnisse zur Völkerwanderung dargestellt werden.
Die verschiedenen Autoren - von denen Walter Pohl sicher einer der bekanntesten Autoren zum Thema "Völkerwanderung" ist - stützen sich nicht nur auf Textwissen und -überlieferungen - insbesondere auf die Berichte römischer "Geschichtsschreiber", sondern neuere Forschungen hinsichtlich der Grabbeigaben bilden die Grundlage für die Beiträge der insgesamt 13 Autoren. Auch linguistische Untersuchungen werden mit einbezogen. Daher richtet sich das Buch eher an ein Fachpublikum. Doch auch Laien werden sich recht schnell hinein lesen. Ein sauberer wissenschaftlicher und doch allgemein verständlicher Sprachstil sowie eine hervorragende Bebilderung (Hochglanzfotos und Karten) machen das Lesen des Buches zu einem kurzweiligen Vergnügen.
Sowohl als erster Einstieg ins Thema "Völkerwanderung" als auch zur vertiefenden Betrachtung geeignet, kann das Buch auf den wenigen Seiten kein allumfassendes Bild bieten. Daher beschränken die Autoren sich auf einzelne Themen. Natürlich dürfen Beiträge zu Rom, den Hunnen und Goten nicht fehlen. Vandalen, Burgunder und Angelsachsen sind zwar allgemein bekannt, doch sieht die historische Wirklichkeit anders aus, als uns Vorurteile (Vandalismus) und Dichtung (das Nibelungenlied) glauben machen. Das Buch geht aber über eine "germanisch-zentralisierte" Betrachtung hinaus. Im Abschnitt "Romanen" geht der Autor Arno Rettner darauf ein , was mit der römischen (bzw. zutreffender romanischen) Bevölkerung der Landstriche passierte, in die die Barbaren eingefallen sind. Auch die Nachbarn der Germanen, die Slawen und ihr Beitrag zur Völkerwanderung werden hinreichend gewürdigt.
Zu jedem Thema gibt es eine halbseitige Einführung. Im Artikel werden dann, aufgrund der geringen Seitenanzahl von 104 Seiten, nur einige spezielle Aspekte beleuchtet. Darüber hinaus gibt es zu einigen Randthemen Exkurse, so zum Beispiel zu den künstlichen Schädeldeformationen, die in den eigentlichen Artikeln oft als Charakteristikum in der Zeit der Völkerwanderung Beachtung finden. Im Artikel Vandalen gibt es einen Exkurs zum Vandalismus: Wie ist der Begriff entstanden und hat seine Bedeutung erhalten - nämlich erst in der frühen Neuzeit und nicht bereits während der Völkerwanderung.
Im Anschluss an die einzelnen Artikel fasst eine chronologische Übersicht die Ereignisse zur Zeit der Völkerwanderung zusammen. Es ist empfehlenswert sich diese Übersicht zum besseren Einstieg zuerst anzuschauen. Zusammenhänge werden dadurch oft besser verständlich.
Zum Abschluss werden die wichtigsten Funde aus der Zeit der Völkerwanderung in Deutschland erläuternd dargestellt.
Ein ausführliches Literatur- und Autorenverzeichnis ist vorhanden. Ein Glossar gibt es leider nicht. Da das Buch sich zwar an ein Fachpublikum richtet, aber wie gesagt von allen Autoren ein einfach verständlicher Sprachstil ohne überflüssiges "Fach-Chinesisch" verwendet wurde, fällt dies nicht ins Gewicht.
Fazit: Ein hervorragender Überblick über neuere Erkenntnisse der Wissenschaft zum Thema "Völkerwanderung". Auch für ein nicht vorgebildetes Fachpublikum eine interessante Lektüre. Die hochwertige Verarbeitung hat jedoch ihren Preis. Und der ist der größte Nachteil des Buches. Es gibt bedeutend günstigere und dabei umfangreichere Einführungen zum Thema Völkerwanderung. Die sind dann zwar nicht so aktuell, aber ausreichend. Wer auf neuestem Stand sein möchte, der muss jedoch zugreifen.