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Kaum ein historisches Volk stößt auch heute noch auf so viel Interesse wie die Kelten: Keltische Tattoos und Piercings, keltischer Schmuck, Festivals, Druiden und das Wort "keltisch" als Werbeträger für vieles zwischen Bier und Musik haben Hochkonjunktur.
Indes gibt es relativ wenige gesicherte Erkenntnisse über die Kelten trotz mancher Aufsehen erregender Funde auch in jüngster Zeit.
Der Autor des vorliegenden Buchs stellt Fakten vor, wobei er den Schwerpunkt seiner Ausführungen auf die Gegend zwischen Nordsee und Niederrhein, also nordwestdeutsche, holländische und belgische Gebiete, legt.
Zunächst erhält der Leser einen Abriss der allgemeinen keltischen Geschichte, so weit die heutigen Erkenntnisse hierzu ausreichen. In den nachfolgenden Kapiteln geht es hauptsächlich um Aspekte keltischen Lebens im bereits erwähnten geografischen Raum: darum, wie man keltische Besiedlung von germanischer unterscheiden kann und inwieweit es zu Überschneidung und Verschmelzung kam, um die Ausprägungen der Hallstattkultur in der genannten Gegend, um den Alltag und Lebensunterhalt jener Keltenstämme sowie um soziale und wirtschaftliche Strukturen. Religion, Mystik und Totenkult sind Gegenstand eines weiteren Kapitels, ebenso der Untergang der Kelten oder vielmehr ihr Aufgehen in der sie umgebenden römisch-germanischen Gesellschaft. Das letzte Kapitel befasst sich mit dem "keltischen Erbe", also der Präsenz des Keltischen oder dessen, was man dafür hielt und hält, in späterer Zeit.
Kelten prägten nicht nur Irland und zum Teil das heutige Großbritannien sowie Frankreich und weite Teile des östlichen Mitteleuropas, wie dieses Buch zeigt. Vor allem anhand zahlreicher aufschlussreicher, zu einem guten Teil erst vor Kurzem gemachter Funde vermag der Autor ein recht differenziertes Bild der keltischen Geschichte, Kultur und Religion zu entwerfen - sowohl aus ganzeuropäischer Sicht als auch auf das Gebiet zwischen Nordsee und Niederrhein bezogen. Gerade diese Region betreffend wird der Leser, ob er nun von dort stammt oder sich lediglich für die Gegend oder allgemein für die Kelten interessiert, sehr viel Neues erfahren.
Der Autor hütet sich davor, Spekulationen in seine Ausführungen einzubeziehen, sofern sie nicht Bestandteil entsprechender Kapitel oder Abschnitte sind. Daher kann das Buch auch nicht jeden Aspekt keltischen Lebens und keltischer Geschichte detailliert abhandeln, denn zu manchem Gebiet fehlt auch heute noch gesichertes Wissen.
Vorwissen ist für die Lektüre nicht erforderlich. Allenfalls mag mancher Laie zunächst Schwierigkeiten mit dem ein oder anderen nicht erläuterten Fachbegriff haben, dessen Bedeutung sich aber üblicherweise aus dem Kontext erschließt. Insgesamt werden die Themen bestens allgemeinverständlich, anschaulich und nicht zu trocken - auch ein Schuss Humor fließt bisweilen ein - erläutert und fügen sich mosaikartig zu einem nachvollziehbaren Gesamteindruck zusammen, der sich freilich in vielen Einzelheiten von modernen und ebenso von historischen Klischees deutlich unterscheidet.
Das ansprechend und übersichtlich gestaltete Buch enthält eine Fülle von Bildern, meist Fotografien keltischer Kunst und Gebrauchsgegenstände sowie archäologischer Ausgrabungsstätten und Rekonstruktionen, aber auch Kartenmaterial zum geografischen Einordnen von Siedlungen oder Schemazeichnungen, etwa Grundrisse von Häusern. Die Grafiken sind anschaulich, und die Fotos können mit sehr guter Qualität aufwarten, wie man es sich für einen Bildband wünscht. Überhaupt wirkt das Zusammenspiel von Bildband und Sachbuch in diesem Band ausgesprochen gelungen, unter allem, weil die Bilder mit ihren ausführlichen Erläuterungen immer textnah untergebracht sind.
Ein sehr informatives und dabei gut geschriebenes Buch über die Kelten, das auch aufgrund seiner vorzüglichen Ausstattung mit hochwertigen Abbildungen überzeugt.