Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Bildqualität | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Sandburgen, Staus und Seifenblasen haben auf den ersten Blick bis auf den Anfangsbuchstaben nicht sehr viel gemein, zumindest für den ungeübten Betrachter. Physiker sehen das anders. Denn alle diese Phänomene haben mit granularer Materie zu tun, einem recht neuen Wissenschaftsgebiet.
Wie interessant und praxisrelevant dieses Gebiet ist, zeigt schon das eingangs aufgeführte Problem mit den Paranüssen in Studentenfutter: Beim Transport wandern sie durch die Erschütterung unweigerlich nach oben, obwohl man doch aufgrund ihrer Schwere und Größe eigentlich ein Absinken vermuten würde. Das Verstopfen von Silos gehört ebenfalls zu den Eigenheiten granularer Materie, ebenso wie das Phänomen, dass Sandhügel oder -haufen ab einem bestimmten Neigungswinkel Lawinen abgehen lassen, um dann wieder bis zum kritischen Winkel hin anzuwachsen, wenn man neuen Sand hinzufügt. Der Autor betrachtet noch etliche weitere Beispiele. Sand scheint sich eher wie eine Flüssigkeit als wie ein Feststoff zu verhalten, was für jegliche Art granularer Materie gilt, auch für Studentenfutter.
Ähnlich wie jener zum Sand ist der Abschnitt über Schäume aufgebaut. Auch dieses Phänomen hält für den Physiker manche Überraschung bereit, die den Techniker in Produktionsanlagen unter Umständen gewaltig stört. Und interessanterweise gehorchen Staus, Gegenstand eines anderen Kapitels, vergleichbaren Gesetzen. Das Buch bietet einige seriöse Lösungsansätze verschiedener Forscher.
Die aus der Erforschung granularer Materie gewonnenen Erkenntnisse kann man, wie ein weiteres Kapitel zeigt, auch auf Menschenmassen etwa bei einer Panik im Fußballstadion anwenden, die wie körnige Materie in einem Silo die Ausgänge verstopfen. Menschenmassen verhalten sich überhaupt recht verblüffend voraussagbar, ebenso wie Pendeluhren, Glühwürmchen und Applaudierende, die sich in ihrer Frequenz unwillkürlich gleichzuschalten versuchen: ein wahrlich erstaunliches Phänomen.
So erscheint es ganz logisch, dass die Gesellschaft und die Gesetze, denen sie gehorcht, das letzte Thema des Buchs bilden. Und auch hier sind reichlich Überraschungen angesagt.
Wie der Inhaltsabriss bereits zeigt, betrachtet der Autor dieses Buchs ganz ungewöhnliche Aspekte der Physik, Mathematik und Statistik, die aber für unser tägliches Leben von beträchtlicher Relevanz sein können. Für die Industrie sind einige der Themen von besonderer Bedeutung, insbesondere aus den Kapiteln zum Sand und zu den Schäumen. Architekten großer Gebäude wie Stadien müssen sich im Sinne der Sicherheit damit befassen, wie sich Menschenströme bei Panik verhalten.
All diese Phänomene und vieles mehr erläutert der Autor bestens verständlich und dabei so packend, dass man sich gar nicht bewusst macht, dass es sich eigentlich um als so trocken empfundene Wissenschaftszweige wie Physik und Statistik handelt. Er vermittelt dabei nicht nur Faktenwissen und Hintergründe, sondern auch Erstaunen gegenüber einer Reihe alltäglichen Beobachtungen, die sich heute noch nicht recht erklären lassen. Deshalb wirkt die Darstellung so lebendig und kein bisschen lehrerhaft.
Unkomplizierte Skizzen veranschaulichen viele der aufgeführten Sachverhalte zusätzlich zu den Texten.
Da gerade die im Buch thematisierten Effekte oft von "Einzelkämpfern" aus der Wissenschaft untersucht wurden und werden, enthält das Buch an jeweils passender Stelle Kurzbiografien der damit befassten Forscher. Sollte der Leser, was nicht erstaunlich wäre, nach der Lektüre an weiterführenden oder detaillierteren Informationen interessiert sein, so findet er im Anhang Literaturempfehlungen und eine Liste von entsprechenden Internetseiten.
Kurz, dieses Buch macht auf physikalische und statistische Phänomene aus unserer unmittelbaren Umgebung aufmerksam, die wir wahrnehmen, aber kaum einmal hinterfragen, es zeigt ihre Bedeutung auf und erklärt sie, wo immer möglich - und das trotz eines durchaus recht hohen Niveaus auf sehr unterhaltsame Weise.