Es wird nicht still um den kleinen Franzosen, der vor mehr als zwei Jahrhunderten in Europa für Furore gesorgt hat. Dass Napoleons Herrschaft weiter reichende Dimensionen hatte, die sich nicht nur auf Frankreich und das endgültige Ende der Wirren der Französischen Revolution beschränkten, belegen nicht nur die zahlreichen Kriege, in die nahezu ganz Europa verstrickt worden war. Die Französische Revolution setzte einen Modernisierungsprozess in Gang, der eben auch durch Napoleon in andere europäische Staaten hingetragen wurde. Dieser Einfluss auf "deutsche" Gebiete äußerte sich wohl am drastischsten an der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahre 1806. Die linksrheinischen Gebiete wurden schon 1801 Teil Frankreichs. Die Gebiete rechts des Rheins wurden zu Satellitenstaaten umgestaltet und so entstanden das Großherzogtum Berg sowie das Königreich Westfalen unter französischer Obhut.

Der vorliegende Sammelband befasst sich, wie der Untertitel des Buches "Trikolore und Kaiseradler über Rhein und Weser" bereits andeutet, in vergleichender Form mit genau diesen beiden deutschen Modellstaaten. Konzipiert als Begleitband der gleichnamigen Ausstellung, die im Zeitraum vom 11.2.-1.7.2007 in den beiden Preußen-Museen in Wesel und Minden zu besichtigen war, enthält dieses Buch nicht nur eine Reihe von Aufsätzen, sondern auch zahlreiche Abbildungen und Fotografien von Exponaten, Gemälden, Karten und Schriftstücken, die als Leihgaben verschiedener deutscher und französischer Museen für diese Ausstellung zusammen getragen worden sind.

Auf 586 Seiten widmen sich dreißig Autoren und Autorinnen dem durch die Ausstellung vorgegebenen Thema auf unterschiedlichen Gebieten. Die ersten drei Aufsätze befassen sich dabei noch allgemeiner mit der Person Napoleons, seines europäischen Familiensystems und dem napoleonischen Hof und leiten so gebührend in die Thematik ein. Die folgenden Aufsätze sind hingegen weitaus spezieller, mit Ausnahme des Aufsatzes von Ewald Frie über die Preußischen Reformen. Der thematische Zugriff auf das Thema gestaltet sich vielfältig, umfassend und abwechslungsreich. So finden sich in diesem Band Beiträge zur Verfassungsgeschichte der beiden Modellstaaten, zur politischen Propaganda, zur symbolischen Kommunikation, aber auch zur Kirchenpolitik Napoleons oder zum Chausseebau.

Die Qualität der Beiträge variiert selbstverständlich, allein schon deshalb, da hier sowohl renommierte Professoren als auch junge Nachwuchshistoriker zur Feder gegriffen und sich an Sammelband und Ausstellung beteiligt haben. Dennoch zeichnet sich dieser Band in seiner Gesamtheit durch ein hohes fachliches und schreiberisches Niveau aus. Kurze Exkurse, die einigen Beiträgen beigefügt worden sind, versorgen vor allem Nicht-Historiker mit wichtigen Details und Hintergrundinformationen, die die Lektüre dieses umfangreichen Bandes verständlicher machen.