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Nach einem verzweifelten Kampf gegen einen gewaltigen Drachen bleibt NAria schwer verletzt im Schneegestöber zurück. Die Ritter können ihre Spur nicht finden und kehren unverrichteter Dinge zurück zu ihrem Orden. NAria gilt als vermisst, vielleicht getötet.
Doch die Ritterin erwacht mit einem Verband um die Brust und starken Schmerzen inmitten eines kleinen Bergvolkes, das sie gerettet hat. Aber die Nauris sind gezeichnet vom Übel - der schrecklichen Wirkung, die ein Drache auf seine Umgebung, belebt oder unbelebt, hat. Ihre Gliedmaßen sind verwachsen oder unnatürlich verlängert, Augen zugewachsen, Geschwüre und Male überziehen ihre Körper. Doch zur maßlosen Überraschung von NAria sind sie offensichtlich geistig gesund. Die Ritterin beschließt, dem kleinen Volk zu helfen. Sie kennt die ungeschriebene Regel des noch jungen Drachenritterordens, das gesamte vom Übel betroffene Gebiet zu säubern. Alle Kreaturen, die im Umkreis des Drachens angetroffen werden, sind zum Schutz der Bevölkerung außerhalb dieses Bannkreises, zu vernichten. NAria erkennt, dass dieses Vorgehen falsch ist, stößt aber, als sie endlich am Sitz ihres Ordens eintrifft, auf Ablehnung. Es kommt zu Streitigkeiten, sogar zu einem Zweikampf zwischen NAria und einer ihrer Rivalinnen. Schließlich entscheidet die Oberin des Ordens, dass eine Gerichtsverhandlung über das Schicksal der Nauri und den Antrag NArias, sie zu verschonen, entscheiden soll.
Das sechste Album der Serie "Die Legende der Drachenritter" des Autorenduos Ange und des Illustrators Laurent Sieurac ist in mehrfacher Hinsicht eine Überraschung. Es ist keine chronologische Fortführung der Ereignisse, sondern eine Art Rückblende in die Anfänge des Drachenritterordens. Diesen Kunstgriff wenden die Autoren an, um die Praktiken des Ordens, den Umgang mit den Menschen, die vom Übel betroffen sind, zu thematisieren. Im übertragenen Sinn geht es um die Kollateralschäden, die die Tötung des Drachens für die im Umkreis lebende Bevölkerung hat. Sie wird - so die gängige und über allen Widerspruch erhabene Praxis der Ritter - ohne Umschweife oder nähere Kontrolle getötet. Sie wird ausnahmslos massakriert, und das nur aus der Angst, sie könnte vom Übel befallen sein. Erst die Zweifel einer Drachenritterin führen zum Nachdenken und Überdenken dieser Regel.
Weiterhin ist auch die Zeichentechnik neu. Kein Wunder, ist doch mit Sieurac erneut ein anderer Zeichner mit der Arbeit an diesem Album betraut worden. Er setzt deutlich andere Akzente. Bereits die Aufteilung der Seiten ist ungewohnt, kaum eine Doppelseite scheint einer anderen zu ähneln. Boards mit sehr vielen, ineinander verschachtelten Bildern, sind die Regel. Auch die Gestalten, Gesichter und der oft geringe Detailreichtum seiner Bilder fallen ins Auge - dies alles passt aber hervorragend zum angepeilten archaischen Zeitraum, in dem die Geschichte spielt.
"Jenseits der Berge" ist grandios. Es macht vieles anders, als seine fünf Vorgänger der Serie, fußt neben der vielfach dargestellten Gewalt deutlich mehr in der psychologischen Situation, in der sich die Drachenritter befinden, die, um Gutes zu tun, oft grausam gegen ihre Mitmenschen sein müssen. Diese Grenze auszuloten, ist Aufgabe und Ziel dieses Abenteuers. Das gelingt Ange sehr gut, wird aber erst zu einer wirklich mitreißenden Erfahrung durch den Zeichner Laurent Sieurac. Er macht auch Band sechs zu einem grandiosen Comic, das in jede gute Sammlung gehört.
Bleibt zu hoffen, dass dieses Niveau auch im siebten Band "Die Sonne wiedersehen" erhalten bleibt.