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In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts gehörte die Antarktis zu den letzten großen, unerforschten Regionen der Erde. H.P. Lovecraft hegte sein Leben lang eine große Begeisterung für den antarktischen Kontinent. Als Jugendlicher hatte er sogar mehrere Aufsätze über Antarktis-Forscher geschrieben. So verwundert es nicht, dass eine seiner längeren phantastischen Erzählungen eine Expedition in den unbekannten Kontinent thematisiert. Die Rede ist von "Berge des Wahnsinns", welches nun von LPL Records in der Reihe "H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens" als Hörbuch veröffentlicht wurde.
Die Erzählung wird geschildert aus der Sicht von Professor Dyer von der Miskatonic-Universität in Arkham/Massachusetts, der in den Jahren 1930 und 1931 die zwanzigköpfige Pabodie-Expedition in die Antarktis geleitet hatte. Nach langem Schweigen über die schrecklichen Vorkommnisse während dieser unglücksseligen Expedition, hatte er nun beschlossen, die Öffentlichkeit an der Wahrheit teilhaben zu lassen. Auslöser hierfür waren die Vorbereitungen zu einer neuen Expedition, die ebenfalls in die abgelegenen, eisigen Regionen des letzten nahezu unerforschten Kontinents aufzubrechen plant.
So berichtet Dyer in wissenschaftlicher Genauigkeit von den Vorbereitungen seiner Expedition, über die Ankunft auf dem vereisten Kontinent und die Aufteilung der Expedition, als der mitreisende Biologe Professor Lake von einem unerklärlichen Bedürfnis getrieben wird, nach Westen zu reisen. Die Entdeckungen, die er dort macht, und die von den zurückgebliebenen Expeditionsteilnehmern per Funkmeldungen verfolgt werden, scheinen spektakulär. Als der Funkkontakt aus unerklärlichen Gründen abbricht, beschließt Dyer, den Verschollenen hinterher zu reisen. Ein Entschluss, den er bitter bereuen wird ...
Die "Berge des Wahnsinns" zählen zu den bekanntesten Geschichten Lovecrafts. In ihren Zeilen verlässt der Autor komplett sein heimatliches Neuengland und begibt sich mit seinen Protagonisten auf eine Reise zu einem Ort, dessen Landkarte zu Lovecrafts Zeiten noch zahllose weiße Flecken enthielt. Diese Gelegenheit greift Lovecraft mit Begeisterung auf und berichtet von einem Gebirge, gegen welches der Himalaja winzig erscheint und in dem sich Spuren einer uralten, nichtmenschlichen, untergegangenen Kultur befinden.
Wie auch andere Geschichten von H.P. Lovecraft handelt es sich bei "Berge des Wahnsinns" nicht um den heute üblichen visuell-blutigen Horror. Stimmung wird vielmehr erzeugt durch die bedrohliche Ungewissheit, welche die Expeditionsteilnehmer umfängt, sowie die unfassbare Kulisse, in der sich der zweite Teil der Geschichte abspielt. Hinzu kommt, dass die komplette Erzählung in einer der lebensbedrohlichsten Regionen der Erde spielt - bekanntlich hegte Lovecraft aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit selbst eine große Antipathie gegenüber kalten Temperaturen.
Lovecraft-Fans werden vor allem über die viele Verweise auf Lovecrafts andere Werke erfreut sein. Die Expedition in "Berge des Wahnsinns" wurde von der Miskatonic Universität in Arkham finanziert. einem Kernstück der Lovecraft-Literatur und dem so genannten Lovecraft Country in Neuengland. Des Öfteren verflucht sich der Erzähler ob der Tatsache, dass fürchterliche Necronomicon gelesen zu haben, des Weiteren erwähnt er ein Gespräch mit einem Kollegen namens Albert Wilmarth, den Lovecraft-Leser bereits aus "Der Flüsterer im Dunkeln" kennen.
Ein weiterer interessanter Aspekt ist Lovecrafts umfassendes Wissen über den damals aktuellen Stand der Antarktis-Forschung sowie zu Fragen der Geologie und Biologie. Hier zeigt sich zum erneuten Male, wie belesen der Autor aus Providence auch auf wissenschaftlichem Gebiete war. Die Geschichte selbst ist zu einem nicht unmaßgeblichen Teil von Edgar Allen Poes Roman "Der Bericht des Arthur Gordon Pym" inspiriert, der selbst unter anderem in der Antarktis spielt.
Das Hörbuch ist in einem breiten Doppel-CD-Case erschienen, in dem alle fünf CDs mit einer Laufzeit von fünf Stunden und 46 Minuten Platz finden. Ein Booklet liegt nicht bei, alle relevanten Informationen sind auf die Innenseiten des Umschlags gedruckt.
Als Stimme des Erzählers wurde erneut David Nathan gewählt, der damit sein viertes Lovecraft-Hörbuch für LPL Records eingesprochen hat. Nathan ist ein exzellenter Vorleser, dem es wunderbar gelingt, Spannung aufzubauen und den Zuhörer mitzureißen. Einzig als der Erzähler im Text sein Alter mit 54 Jahren angibt, kommen Zweifel an der Glaubwürdigkeit Nathans auf, klingt seine Stimmt doch keinesfalls wie die eines Mannes, der die 50 überschritten hat. Abgesehen von diesem kleinen Fauxpas wurde mit ihm jedoch eine gute Wahl getroffen.
"Berge des Wahnsinns" ist ein weiteres, qualitativ hochwertiges Hörbuch einer Lovecraft-Geschichte von LPL Records. Wer die Erzählungen des Mannes aus Providence zu schätzen weiß, kann hier ohne Bedenken zugreifen. Interessierte, die bislang noch nichts - oder wenig - von Lovecraft kennen, sollten vielleicht erst zu den ebenfalls exzellenten Hörbüchern "Der Cthulhu-Mythos" oder "Jäger der Finsternis" greifen, und sich dem Autor über dessen Kurzgeschichten annähern. Trotz seiner sehr guten Machart könnte das fast sechsstündige "Berge des Wahnsinns" in diesem Fall etwas überfordernd sein. Alle anderen können sich über die Nachricht freuen, dass das Potential guter Lovecraft-Hörbücher noch lange nicht ausgereizt ist.