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 Cocaine Cowboys


Cover
Gesamt +++++
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Die alte Weisheit, dass die besten Geschichten immer noch das Leben selbst schreibt, lag selten so goldrichtig wie bei der Dokumentation "Cocaine Cowboys" - ein Film, der bei der Erzählung der Fakten fast schon so spannend ist wie ein echter Thriller, und eine Geschichte, die wirkt, als wäre sie aus dem Best Of der jüngeren Gangsterfilme zusammengeklaut worden. Doch das hier ist das Vorbild und kein Abklatsch.

Anfang der Siebziger war Miami noch eine halbwegs ruhige Hafenstadt im Süden Floridas, der erste Anlaufpunkt für zahlreiche Kubaner und Kolumbianer aus dem Süden. Zehn Jahre später war die Stadt auf einmal zu einem megareichen Brennpunkt geworden, mit prächtiger Skyline, etlichen pulsierenden Clubs und einer ins Astronomische schießenden Mordrate. Plötzlich war Miami einer der reichsten Orte der Welt - und der gefährlichste. Was war passiert?
In den Siebzigern entdeckte der Drogenschmuggel die ideal gelegene Stadt im großen Stil für sich und begann, Kokain in Massen zu importieren. Dealer wie Jon Roberts wurden in kürzester Zeit steinreich, das Geld floss in Strömen, die Stadt wurde zum Drogenparadies und profitierte enorm von ihrer illegalen Einnahmequelle.
Doch mit den Dealern kamen auch die Gangster, allen voran die berüchtigte Griselda Blanco, die "Patin" des Drogenschmuggels und eine der gefährlichsten Frauen, die diese Stadt je heimsuchen sollten. Sie zettelte die Bandenkriege mit an, die Miami in den frühen Achtzigern heimsuchten und war selbst für wahrscheinlich zweihundert Morde verantwortlich. Miami war gleichzeitig ein Paradies - und die Hölle auf Erden.

Das alles wird ausschließlich in Interviews mit Zeitzeugen berichtet, darunter in erster Linie die Dealer Jon Roberts und Mickey Munday, die detailliert erzählen, wie sie das weiße Pulver in das Land schmuggelten. Allein die Methoden und Anekdoten, die sie beschreiben, sind bereits unheimlich spannend. Da wurde eine teure Wohnung am Wasser für eine Person gemietet, die nichts anderes zu tun hatte, als die Wasserwege nach der Polizei abzusuchen. Da verbarg eine unscheinbare Scheune einen geheimen Flugzeughangar. Da machten die beiden Dealer so viel Geld, dass sie es schon im Garten vergraben mussten. Und Miami selbst boomte, das Zeug wurde überall in den Clubs fast schon offen geschnieft, teilweise sogar in richtigen Koks-Bars - der reine Wahnsinn!
Doch dann sind da auch die Geschichten des Auftragskillers Rivi, der den Großteil der Drecksarbeit für Griselda Blanco erledigte. In Interviews erzählt der Mörder jede Menge über seinen grausamen Job und seine noch grausamere Chefin, die drei ihrer Ehemänner umbrachte und sich sogar für den Mord ganzer Familien nicht zu schade war.

Es sind Geschichten über clevere Geschäftsmänner, über verblüffende Mode-Phänomene, über wahnsinnige Psychopathen, die dieser Film erzählt - wie jeder gute Hollywood-Streifen auch. So verlässt "Cocaine Cowboys" den Pfad seriöser, trockener Dokumentationen und präsentiert das erzählte Geschehen in hippen Bildern, wilden Montagen, schnellen Schnitten, jedoch ohne dabei seine Integrität zu verlieren oder je aufgesetzt zu wirken. Für viele der Bilder muss man jedoch einen starken Magen haben, denn mit Archivfotos echter, teils übel zugerichteter Leichen wird in "Cocaine Cowboys" nicht gegeizt - der Preis für den Reichtum Miamis war halt hoch, das hält einem der Film unmissverständlich vor Augen. Und vielleicht kann man diese Geschichte ja auch sinnbildlich für einen größeren Zusammenhang verstehen - wie viele Städte und Nationen mag es noch geben, die auf so einem großen Blutzoll aufbauten und florierten?

"Cocaine Cowboys" ist eine tolle Dokumentation voller Geschichten, Anekdoten und Figuren, die einen zum Staunen bringen - klasse erzählt, nie langweilig und immer auf den Punkt gebracht. Das benötigt keine große Unterstützung durch guten Ton oder hohe Bildqualität, beide sind auf dieser DVD auch eher durchschnittlich ausgefallen. Dafür punktet die Silberscheibe mit ein paar sehr guten Bonusinterviews, in denen die Dealer weitere Anekdoten erzählen und der Killer über seine zahlreichen grausigen Jobs berichtet. Außerdem gibt es die bemerkenswerte Geschichte eines jungen Mannes, der sich in Griselda Blanco verliebte und eine Beziehung zu ihr unterhielt, als sie bereits im Gefängnis saß. Das ist ein toller Bonus für Leute, die von Gangstergeschichten einfach nicht genug bekommen können. Oder, wie in diesem Fall, von Geschichten, die das Leben schreibt.

Julius Kündiger



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. Juli 2008 | FSK: 16 | Laufzeit: 119 Minuten | Preis: 15 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch, Englisch

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