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Franz Kafka gehört unbestritten zu den Großen der neueren deutschsprachigen Literatur. Nicht umsonst hat sich die Bezeichnung "kafkaesk" als Charakterisierung für bestimmte Erzählstile und -richtungen durchgesetzt.
Kafka zu verstehen, ist jedoch keineswegs einfach, insbesondere ohne eine behutsame Einführung. Das vorliegende Buch bietet eine solche Ein-, um nicht zu sagen, Hinführung zusammen mit einigen der wichtigsten Werke Kafkas, zum Teil vollständig, zum Teil in Form von Auszügen.
"Einfach Kafka" ist in Kapitel gegliedert, die sich eng an der Biografie des Schriftstellers orientieren. Frühzeit und Durchbruch, Verlobungen und deren Scheitern, Kafkas Krankheit und die Absehbarkeit seines frühen Todes bestimmen die Schaffensperioden des Künstlers.
Die allgemeine Einleitung zum Buch bietet bereits erste Hilfestellungen zum Verständnis von Kafkas Werk. Jedes der sich anschließenden Kapitel enthält eine Einleitung, gefolgt von zumeist mehreren literarischen Beispielen aus Kafkas Schaffen, nicht selten auch Briefe, in denen Kafkas Erzählkunst eigenwillige Übergänge zwischen Bericht und Fiktion erzeugt. Unter den ersten Literaturbeispielen findet man "Entlarvung eines Bauernfängers" und "Unglücklichsein", der Durchbruch wird repräsentiert von "Das Urteil" und "Die Verwandlung", Kafkas wohl bekanntester Erzählung.
Gegenstand eines eigenen Kapitels sind bestimmte, in Erzählungen verarbeitete Strafphantasien Kafkas nach der Auflösung seiner ersten Verlobung, darunter "Vor dem Gesetz". Als Kafkas Schwester ihm ein Häuschen zum ungestörten Arbeiten anmietet, entstehen "Ein Landarzt", "Der Jäger Gracchus" und weitere, zum Teil im Buch vertretene Werke.
Bei Ausbruch seiner Tuberkulose wendet sich Kafka antiken Sagengestalten zu: Odysseus und den Sirenen; Prometheus. Er schreibt zudem viele Aphorismen. In seinen letzten Jahren bringt er wieder humoristisch-sarkastische Schöpfungen hervor, "Erstes Leid" etwa und "Forschungen eines Hundes" sowie "Josefine, die Sängerin".
Eine Zeittafel am Ende des Buchs erleichtert die Zuordnung der einzelnen Kapitel zu Stationen von Kafkas Biografie.
"Die Verwandlung" gehört zur Pflichtlektüre in Schulen, und das sicher zu Recht, handelt es sich dabei doch um eine überaus gelungene Studie zum menschlichen Charakter, klug und zynisch beobachtet, dabei mit erstaunlich viel Einfühlungsvermögen. Das Thema - ein Handelsvertreter verwandelt sich nachts unvermittelt in ein großes käferartiges Insekt, wodurch sein Leben und das seiner Familie schlagartig zur Zerreißprobe gerät - ist allein schon ein Geniestreich, umso mehr die Umsetzung. Keine leichte Kost, und trotzdem zählt "Die Verwandlung" zu den spontan zugänglicheren unter Kafkas Werken.
Am vorliegenden Buch überzeugt bereits die Einteilung in biografiebezogene Kapitel, denn Kafkas Literatur ist, wie bereits erwähnt, auch ein Ventil für seelische Höhe- und vor allem Tiefpunkte, gerade in Bezug auf seine Liebesbeziehungen. Die Einleitungen zu den Kapiteln ermöglichen es dem Leser, entsprechende Zusammenhänge zu erkennen und Anspielungen auf Kafkas Umfeld zu bemerken; auch Kafkas problematisches Verhältnis zu seinem Vater bleibt nicht außen vor, hat es sich doch ebenfalls in einigen Werken niedergeschlagen.
Ohne zu tief ins Detail zu gehen und dem Leser damit Fähigkeit und Bereitschaft zu eigenen Interpretationsansätzen zu nehmen, bieten die Sachtexte Hilfestellungen und somit in der Tat einen Zugang zu Kafka. Ganz so einfach, wie der Titel verspricht, machen sie die Kafka-Lektüre natürlich trotzdem nicht; Kafka will ja nicht einfach sein. Es gehören schon etwas Fantasie, Sinn für Erzählebenen, die Kafka so geschickt aufbaut, Mut und Freude an der Auseinandersetzung mit Literatur dazu, Kafka gerecht zu werden und für sich selbst zu entdecken. Mit dem gebotenen Rüstzeug kann man sich daran versuchen und wird Spaß daran finden.
Denn Kafkas Werk gehört nicht nur zur Allgemeinbildung, sondern ist lohnende Lektüre, die dem Leser einen Spiegel vorhält und die Welt kurzzeitig aus ihren Angeln hebt.