Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Bildqualität | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Ton | |
Der begnadete Geschichtenerzähler Rafik Schami hat eine Leidenschaft, die er dem Fabulieren gleichsetzt, das Kochen. Leider fehlt ihm die Zeit, sich näher mit einem Plan auseinanderzusetzen, den er aus einer Laune heraus einmal fasste. Er würde gerne ein Kochbuch schreiben, oder besser gesagt kreieren. Doch seine Schwester Marie Fadel, mit Leib und Seele Damaszenerin und Liebhaberin der unglaublich vielfältigen Küche ihres Landes, macht ihm einen Vorschlag. Sie ist ein Jahr lang sein Auge, sein Ohr und vor allem seine Zunge. Sie wird bei Verwandten, Freunden, Bekannten und Nachbarn einkehren und sich bewirten lassen. Sie wird der edelsten Eigenschaft der Orientalen frönen, der Gastfreundschaft. Und dann wird sie Rafik am Telefon erzählen, mit wem sie was gegessen hat, wer ihr welche Geschichte erzählt hat und wann sie wo gewesen ist im christlischen Viertel der Altstadt von Damaskus. Hier ist sie zu Hause, hier war auch Rafik Schami mehr als zwanzig Jahre zu Hause.
Dann bleibt Rafik, so der Plan, nur die Aufgabe, den Chronisten zu geben: jedes Wort Maries aufzuschreiben, die Rezepte nachzukochen und das Ganze als Buch herauszubringen.
Herausgekommen ist ein Kochbuch mit siebenundzwanzig wunderbaren Rezepten. Eine Geschichte, die so abwechslungsreich wie interessant, so kulinarisch wie fabulierend ist. Und in der vorliegenden Ausgabe wird die dichte Atmosphäre noch vertieft, weil der wichtigste Part, die Erzählung Marie Fadels, auch noch vorgetragen wird, als wäre man direkt in Damaskus, direkt bei den Festmahlen dabei, um die Gewürze, Früchte und Zutaten selbst auszusuchen.
Nach einer netten und kurzen Einleitung, in der Rafik Schami das Projekt erklärt und das Feld für seine Schwester bereitet, übernimmt Andrea Hörnke-Trieß den Part der Erzählerin. Fasziniert lauscht man den Geschichten, den Beschreibungen der Örtlichkeiten, den pittoresken Details eines Lebens inmitten von Gastfreundschaft, olfaktorischen Wundern und Gaumenfreuden, die den Hörer mehr und mehr reizen, all das nachzukochen.
Es entspannt sich ein Bogen von Anekdoten und Facetten einer Lebensart, in die man sich fast auf Anhieb verliebt. Man könnte stundenlang, ja, wochenlang diesem Vortrag lauschen. Den Rezepten huldigen, den Menschen nachtrauern, die verstorben sind und doch in den Herzen der Freunde und Verwandten so lebendig sind wie vor Jahrzehnten. Die Fähigkeit Schamis, diese sanft zwischen Küche, Altstadt, Innenleben, Vergangenheit und Gegenwart mäandrierende Sammlung zu einem Ganzen zu formen, ihnen Gestalt zu geben und dabei das Wichtigste nicht aus den Augen zu verlieren, das Rezept, ist beeindruckend.
Hier ist der Chronist auch Schöpfer, Liebhaber und sehnsüchtig Miterlebender. Zeuge und Anwalt einer Leidenschaft, die wohl nur der Araber verinnerlicht hat: der Gastfreundschaft.
Dieses Hörbuch vermag ein wenig einzufangen von diesem Land, seiner Hauptstadt, dem alten christlichen Viertel, den Menschen und ihrer Liebe zu gutem Essen. Das beiliegende Buch bietet nicht nur Rezepte, es verbindet sie mit den Menschen, die sie kochen, die sie lieben und die sie jedem Gast für Leib und Seele anbieten. Es sind meist leicht nachzukochende, gelegentlich aber auch heroische Aufgaben an den Meisterkoch, immer aber sehr detaillierte, liebevoll aufbereitete Anleitungen, die auch in Fragen des Geschirrs, der optischen Darbietung und der Bedeutung der jeweiligen Speise Raum geben.
Dieses Hörbuch ist ein Wunderwerk. Es ist schön für die Ohren, gut für den Magen und Balsam für die Seele. Und ganz nebenbei auch noch ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht.