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"Alle lieben Chefs. Kein Wunder, denn als Chef ist das Leben viel einfacher. Damit kann man eine Menge Geld machen und braucht nicht allzu schwer zu arbeiten. Chef ist ein schöner Beruf."
So steht es im Klappentext des Buchs, und das entspricht natürlich der Wahrheit, zumindest, wenn man eine Umfrage unter Nicht-Chefs startet. Denn welcher Chef wäre nicht davon überzeugt, dass er harte Arbeit leistet? Und genau das wird den geliebten Chefs in diesem Buch, selbstverständlich in ironischer Form, bestätigt.
Dass schon Gott als erstem Chef der Welt die Kommunikation mit seinen Mitarbeitern einige Schwierigkeiten bereitete, kann man in der Bibel und im ersten Beitrag des Geschenkbuchs nachlesen. Mobbing durch die Schlange und mangelndes Verständnis der Mitarbeiter für die falsch kommunizierten Vorgaben des Chefs führten damals zur kompletten Entlassung der Belegschaft des Paradieses.
Wie ein Chef gestrickt ist, lässt sich der Tabelle über seine Vorlieben entnehmen: bevorzugte Kleidermarke - Boss, sein Auto - Chevrolet, seine ständige Verfassung - rundum bossitiv, Lieblingswortart - Bossessivpronomen, bevorzugte Meerenge - Bosporus, Lieblingstier - Chäfchen und so weiter. Auch kann sich der Leser darüber informieren, was die Chef-Kritzeleien während Telefonaten und Besprechungen zu bedeuten haben und was im Chef-Horoskop steht. Der "ultimative Test" verrät, ob der Leser ein guter oder ein schlechter Chef ist, und noch einige weitere Beiträge erweitern auf unterschiedliche Weise des Lesers Kenntnisse über die Menschensorte Chef.
Wer wird (aus unternehmerischer Sicht) schon bezweifeln, dass umfangreiche Entlassungen dem Wohl des Betriebs dienen? Witzig zeigt ein Beitrag auf, dass dies jedoch zu massiven psychischen Störungen beim einsam gewordenen Chef führt. Zum Glück hat fast jeder Chef eine Chefsekretärin, denn eine wissenschaftliche, im Buch vorgestellte Studie ergab, dass nicht etwa hinter jedem erfolgreichen Mann eine kluge Frau steckt, sondern davor - nämlich im Vorzimmer!
Das Buch ist als Geschenkbuch für Vorgesetzte gedacht, entsprechend präsentieren sich die darin enthaltenen Texte und Zeichnungen.
Kurze Erzählungen, "Sachtexte", sketchartige Dialoge, Cartoons und andere Beiträge informieren den Leser auf abwechslungsreiche Weise über die Eigenarten der Chefs. Die meisten sind scheinbar liebevoll verfasst als mit Arglosigkeit verbrämte Satire, andere kommen etwas deftiger daher. Die Aufmachung wirkt originell und gefällig, zumal zur Illustration reichlich Elemente aus dem Büroalltag herangezogen wurden, manche von ihnen hübsch nostalgisch wie Millimeterpapier und Telefon mit Wählscheibe.
Allerdings haben viele der Beiträge einen fast noch plumperen Witz als die durchschnittliche deutsche Fernseh-Comedy, siehe die oben zitierten Vorlieben. Wirklich subtilen, unterschwellig-boshaften oder auch geradeheraus drolligen Humor in Slapstick-Art sucht man beinahe vergebens, und ob man seinen Chef wirklich, wie auf der Coverrückseite vorgeschlagen, mit diesem Buch überraschen möchte, sollte man daher überlegen. Vielleicht mag er ja etwas platte, seichte Comedy zur Entspannung - dann ist es in Ordnung. Wegen der Inhalte dürfte er kaum beleidigt sein, denn die Beiträge enthalten zwar hier und da durchaus etwas Kritik am Selbstverständnis vieler Vorgesetzter, doch sie gehen niemals unter die Gürtellinie, und der Chef dürfte ohnehin mit gängigen Klischees vertraut sein. Es könnte höchstens passieren, dass er das Buch rasch ermüdet zur Seite legt und dann den einen oder anderen wirklich guten Beitrag - wozu mehrheitlich die Cartoons gehören - verpasst.
Bevor Sie Ihren oder jemand anderes Chef mit diesem Buch beglücken oder auch nicht, loten Sie also am besten vorher aus, welche Art von Humor er in Film und Fernsehen bevorzugt. Verärgern können Sie den Chef mit diesem Buch kaum, langweilen hingegen schon.