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Noch bis zum 24. Januar 2016 gibt es im Museum Frieder Burda, Baden-Baden, die Ausstellung "Andreas Gursky" mit einem Querschnitt durch das Werk des Fotografen. Bei Steidl ist der dazugehörige Katalog erschienen.
Auf Frieder Burdas Grußwort folgt eine mit "Das denkende Auge" betitelte Einführung vom Kurator Udo Kittelmann. Daran schließt sich bereits der Katalog an. Er besteht aus mehreren Blöcken mit Fotos aus den Jahren 1992 bis 2015, die sich mit aus Texten aus verschiedenen Zeitungen und anderen Medien bestehenden Abschnitten abwechseln. Diese Artikel befassen sich mit den Themen beziehungsweise Motiven der zugeordneten Fotos. Den Anhang bilden das Austellungsverzeichnis, Biographie und Bibliographie, der Dank und das Impressum.
Den Lesern, die sich intensiv für Fotografie interessieren, muss man Gursky, weltweit einer der gefragtesten Fotografen, sicher nicht vorstellen. Für jene, die sich erst mit dieser Kunst zu beschäftigen beginnen, sei Gurskys Biographie hier kurz umrissen: 1955 in Leipzig geboren, studierte er an der Folkwang Hochschule in Essen sowie an der Kunstakademie Düsseldorf und war Meisterschüler bei Bernd Becher. Er lebt, arbeitet und lehrt in Düsseldorf.
In der Ausstellung und somit auch im hier besprochenen Buch wird ein weiter Themenbogen gespannt. Details von antiken Stätten finden sich ebenso wie quirlige moderne Großstadtszenen, ein tristes Vorstadt-Wohnsilo, eine verzauberte Strandszene, Vitrinen von Modeherstellern, eine elegante Hochhausfassade, politisch motivierter, aufwendigst inszenierter Pomp in Pjöngjang; ansprechende und überraschende Strukturen in Landschaften, einer riesigen Fabrik, Straßenverläufen in der Wüste, einer Pyramiden-Außenseite, einem 99-Cent-Markt; es ließen sich noch etliche mehr von Gurskys berühmten und auch weniger bekannten Werken aufführen, die im Buch – und in der Ausstellung - zu sehen sind. Gursky zeigt hierbei seinen so sachlichen wie empathischen Blick und verschärft ihn durch teils intensive digitale Bearbeitung. Das Resultat sind Fotos, die sowohl in Bezug auf ihre Inhalte als auch auf die künstlerische Umsetzung berühren und überzeugen. Fotos, die der Betrachter trotz der alltäglichen Bilderflut nicht ohne Weiteres vergisst. Vom großformatig herausgebrachten, klaren, schlichten Detail wie beim berühmten "Rhein II" bis zu einem scheinbaren Chaos, dessen innere Struktur sich womöglich erst auf den zweiten oder dritten Blick erschließt wie in "Nha Trang", werden die unterschiedlichsten Werke präsentiert. Sie haben nicht zuletzt gemeinsam, dass sie für flüchtiges Betrachten nichts taugen, sondern Aufmerksamkeit und auch eine gewisse Neugier (im besten Sinne) einfordern.
Im Wechselspiel mit der Lektüre der sorgsam ausgewählten Texte ergibt sich ein sehr differenzierter Gesamteindruck, der auch das Verstehen der Idee hinter der Ausstellung und ihrem Konzept umfasst. Oder wie es auf der Website des Verlages heißt:
"Im beispielhaften Dialog zwischen Bildern und redaktionellen Texten aus der nationalen und internationalen Tagespresse sowie anderen gesellschaftlich relevanten Medien wird die Beziehung zwischen Konstruktion und Rekonstruktion verdeutlicht."Ein Ausstellungskatalog, und ist er noch so gut aufgemacht, ersetzt natürlich nie den Ausstellungsbesuch, zumal wenn es um einen Künstler geht, der die großen Formate bevorzugt. Dennoch kann das Buch natürlich auch unabhängig von der Ausstellung erworben und als spannend konzipierter, sehr ansprechend aufgemachter Fotoband angesehen werden. Kein Freund anspruchsvoller Fotografie dürfte sich Gurskys einzigartigen Bildern entziehen können, die der Betrachter und Leser dank den Texten noch besser im Kontext zu sehen und begreifen vermag. Insofern eignet sich der Katalog auch gut als Geschenk für Fotobegeisterte mit Sinn für ungewöhnliche Motivwelten und Herangehensweisen. Da auch Druck, Layout und Material hochwertig sind, wird eine uneingeschränkte Empfehlung ausgesprochen.
Ein Blick ins Buch ist auf der Verlagsseite möglich.