Chemie gehört nicht zu den Lieblingsfächern der meisten Schüler, und auch Studenten, die Chemie als Nebenfach benötigen, haben oft wenig Freude daran. Eigentlich müsste das nicht so sein, denn Chemie kann doch ganz originell sein. Das meinen die Autoren von "Chemie macchiato", die Chemie sozusagen als Trendgetränk servieren, als aufgepepptes Genussmittel.
Am Anfang hat, wie wir es aus einem alten Bestseller kennen, Gottvater seinen Auftritt und betätigt sich im Labor, wo es prompt zum Urknall kommt und folgerichtig zu allerlei weiteren bedeutsamen Ereignissen, vor allem zur Bildung von Atomen und schließlich Sternen, aus deren "Zerfallsprodukten" unsere Welt und wir bestehen: nichts als Sternenstaub in und um uns.
Weiter geht es mit Atommodellen und dem Periodensystem der Elemente, das sich als Firma PSE in straffer Organisation präsentiert. Dass chemische Reaktionen und Reaktionsgleichungen sich im Grunde nicht stark vom Muffinbacken beziehungsweise Muffinrezepten unterscheiden, zeigt ein weiteres Kapitel. Überhaupt haben chemische Reaktionen so manches mit dem "prallen Leben" zu tun, beziehungsweise mit einem Tanzball, wie der nächste Abschnitt zeigt.
Spontaneität ist bei chemischen Reaktionen übrigens auch gefragt. Und wenn Protonen baden gehen, bedeutet das nicht unbedingt eine Pleite, sondern vor allem die Entstehung einer Säure.
Das vorletzte Kapitel vermag den Leser möglicherweise zu elektrisieren, geht es doch um Redoxreaktionen mit Elektronenübertragung.
Und zum guten Schluss kommt Gott noch einmal auf die Bühne und empfängt ein Stoßgebet an den Kohlenstoff, jenes wunderbare Element, ohne das kein Leben existieren würde.

Im Vorwort wird erläutert, an wen sich das Buch wendet: an Schüler und Studenten zur Begleitung des Unterrichts beziehungsweise der Vorlesungen, keineswegs jedoch als Lehrbuchersatz. Auch Eltern genervter und verzweifelter Chemieschüler, so die Autoren sinngemäß, gehören zur Zielgruppe, denn so können sie den Nachwuchs möglicherweise zu einem besseren Chemieverständnis animieren.
Trocken muss Chemie jedenfalls nicht sein, wie das originelle, mit vielen witzigen Cartoons garnierte Buch aufzeigt. Abgesehen von Gott persönlich, der chemiebegeistert am Anfang und am Ende auftritt, führen drei Figuren durch die Kapitel: Reagenzia, Kolbi und Destillato, sämtlich Laborgeräte. Destillato fasst am Kapitelende die wesentlichen Inhalte zusammen und streut auch zwischendurch gelegentlich einen Merksatz ein. Alle drei würzen die Cartoons mit ihren Einlagen. Schmunzeln, bisweilen auch Lachen gehören deshalb zur Lektüre.
Und doch hat das Buch eine Menge Sachwissen zu bieten, das anschaulich und kurzweilig vermittelt wird. Es handelt sich im Wesentlichen um den Stoff der Mittelstufe, hier und da noch ein paar Schmankerln der 11. Klasse. Wer mit dem Fach nicht warm geworden ist und daher mangelhafte Kenntnisse der Grundlagen besitzt, kann mittels dieses Buches recht gut aufholen - oder zumindest das Rüstzeug erwerben, um mit "klassischen" Lehrbüchern ohne Cartoons zurechtzukommen. Nicht einmal die physikalische Chemie wirkt dank dieser Art der Aufbereitung so abschreckend wie leider häufig im Unterricht. Ähnliches gilt für den kurzen Ausflug in die organische Chemie. Und dass es schon zu Beginn des Buchs nach kurzem "Vorspiel" sofort ans Eingemachte, nämlich die Atommodelle einschließlich des im Grunde nicht einfachen Orbitalmodells geht, und zwar leicht verständlich, verblüfft schon ein wenig.
So macht Lernen Spaß. Wenn witzige Cartoons zeigen, dass eine chemische Reaktion im Grunde nichts anderes ist als ein Partnertausch, etwa bei einem Tanz, verliert das Fach doch viel von seinem Schrecken.
Richtig: dieses Buch ersetzt kein Lehrbuch, es ergänzt aber den trockenen Schul- und Studienstoff hervorragend, hilft, Defizite zu beheben, und vermittelt Spaß an einer spannenden Naturwissenschaft.